Frankreich: Ex-Präsident und Ex-Innenminister wegen Korruption vor Gericht (AFP)
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Im spektakulären Prozess wegen vermuteter Bestechung und unerlaubter Einflussnahme hat die Anklage eine Haftstrafe von vier Jahren für den französischen Ex-Präsidenten Nicolas Sarkozy gefordert. Zwei davon sollen zur Bewährung ausgesetzt werden, wie französische Medien übereinstimmend berichteten. Dem 65-jährigen Politiker wird vorgeworfen, 2014 über seinen Rechtsbeistand versucht zuhaben, von Gilbert Azibert, einem damaligen Generalanwalt beim Kassationsgericht, Ermittlungsgeheimnisse zu erfahren. Der Ex-Präsident soll im Gegenzug angeboten haben, den Juristen bei der Bewerbung um einen Posten in Monaco zu unterstützen. Sarkozy hatte die Vorwürfe vor Gericht zurückgewiesen. „Ich habe niemals die geringste Bestechungstat begangen“, sagte er vor Gericht. Zum Prozessbeginn im November hatte es geheißen, dass Sarkozy, dessen langjährigem Anwalt Thierry Herzog und Azibert jeweils Haftstrafen von bis zu zehn Jahren und eine Geldbuße von einer Million Euro drohen. Für Herzog und Azibert wurde nun die gleiche Strafe wie für Sarkozy gefordert.

Geld aus Libyen für Sarkozys Präsidentschaftswahlkampf?

Zuvor rechtfertigte die Staatsanwaltschaft ihr Vorgehen: „Keiner hier will sich an einem früheren Präsidenten der Republik rächen“, sagte der Chefermittler der Finanzstaatsanwaltschaft, Jean-François Bohnert. Das Verfahren gilt als einmalig, denn einen Korruptionsvorwurf gegen einen Ex-Staatschef gab es in der 1958 von Charles de Gaulle gegründeten Fünften Republik Frankreichs bisher nicht. Die Vorwürfe beruhen auf der Auswertung abgehörter Telefongespräche des Politikers mit Herzog. Über die Rechtmäßigkeit dieser Abhöraktion hatte es lange heftigen Streit gegeben. Für Gespräche nutzten sie Anfang 2014 auch Mobiltelefone, die unter dem Pseudonym Paul Bismuth registriert waren. Die Geräte wurden abgehört, weil es den Verdacht gab, dass Libyen Geld für Sarkozys erfolgreichen Präsidentschaftswahlkampf 2007 gegeben haben soll. Es ist nicht das erste Mal, dass ein früherer Herr des Élyséepalastes angeklagt ist. Sarkozys Amtsvorgänger Jacques Chirac war 2011 wegen Veruntreuung und Vertrauensbruch in seiner Zeit als Pariser Bürgermeister zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Der Konservative brauchte aber damals wegen gesundheitlicher Probleme nicht vor Gericht erscheinen.

Frankreichs Ex-Innenminister Hortefeux und die Gaddafi-Affäre

Neben Ex-Staatschef Nicolas Sarkozy ist nun auch der ehemalige Innenminister Brice Hortefeux in der Affäre um mutmaßliche Wahlkampfspenden aus Libyen beschuldigt worden. Es sei ein Ermittlungsverfahren gegen den EU-Abgeordneten wegen „Mitgliedschaft in einer kriminellen Gruppe“ und illegaler Wahlkampffinanzierung eingeleitet worden, sagte ein Anwalt Jean-Yves Dupeux am Dienstag. Hortefeux selbst zeigte sich „vollkommen überrascht“ von den Anschuldigungen. Die Justiz geht dem Verdacht nach, dass für den siegreichen Präsidentschaftswahlkampf Sarkozys 2007 Gelder von Libyens damaligem Machthaber Muammar al-Gaddafi geflossen waren. Die Pariser Finanz-Staatsanwaltschaft hatte den Ex-Präsidenten im Oktober ebenfalls der „Mitgliedschaft in einer kriminellen Gruppe“ beschuldigt. Laut Medienberichten sollen aus Libyen rund 50 Millionen Euro für den Wahlkampf des konservativen Politikers geflossen sein. Nach seinem Sieg lud Sarkozy Gaddafi Ende 2007 nach Paris ein, wo der Libyer Gäste in seinem Beduinenzelt empfing.

Agenturen