Frankreich will die umstrittene Rentenreform per Dekret und damit ohne Parlamentsabstimmung durchsetzen. Damit wolle die Regierung dieser Episode des Nicht-Diskutierens ein Ende setzen, kündigte der französische Premierminister Edouard Philippe der Nationalversammlung an, wie mehrere französische Medien einstimmig berichteten. Die nur selten genutzte Verfassungsklausel 49-3 erlaubt der Regierung, das Parlament zu umgehen.
In der Nationalversammlung wird seit mehr als 10 Tagen über die umstrittene Rentenreform diskutiert, mit der die 42 Einzelsysteme abgeschafft werden und das System vereinfacht werden soll. Die geplante Reform hat zu den längsten Streiks in Frankreich geführt. Aus Protest wurde knapp sieben Wochen lang der Nah- und Fernverkehr lahmgelegt. Sollte die Opposition kein Misstrauensvotum einlegen, gilt die Reform automatisch als angenommen. Der sozialistische Ex-Präsident François Hollande hat damit im Mai 2006 die umstrittene Arbeitsmarktreform durchgedrückt.
Die französische Bahn ist wegen der Streiks vor dem Jahreswechsel tief in die roten Zahlen gefahren. Der Nettoverlust für 2019 beläuft sich auf 801 Millionen Euro, wie die staatliche Gesellschaft SNCF mitteilte. Die Umsatzeinbußen durch die 27-tägigen Arbeitsniederlegungen im Dezember bezifferte die Bahn auf 690 Millionen Euro. Ohne diese Einbußen hätte unter dem Strich ein Plus von 313 Millionen Euro gestanden.
Die französischen Bahnbeschäftigten waren am 5. Dezember in Streik getreten. Sie protestierten damit gegen die Rentenreform-Pläne von Präsident Emmanuel Macron, über die derzeit im Parlament gestritten wird. Macron will unter anderem die Sonderrenten der SNCF-Mitarbeiter abschaffen, die teils schon mit Anfang 50 in den Ruhestand gehen.
Ihre Schulden bezifferte die SNCF auf 35 Milliarden Euro. Zu Jahresbeginn hatte der Staat wie angekündigt 25 Milliarden Euro der Verbindlichkeiten übernommen. Zehn weitere sollen 2022 übernommen werden.