1. Dezember 2021, Brüssel, Belgien: Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, spricht während einer Pressekonferenz zum Global Gateway im EU-Hauptsitz. (AFP)
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Ein Investitionsprogramm, das die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, letzten Monat öffentlich bekannt gegeben hatte, erregte weltweit Aufmerksamkeit. Die Europäische Union stellte Global Gateway vor, einen umfassenden Plan zur Unterstützung der Infrastrukturentwicklung auf der ganzen Welt, insbesondere in Asien. Dieser würde zwischen 2021 und 2027 340 Milliarden US-Dollar für Konnektivitätsprojekte mobilisieren, insbesondere in den Bereichen Digital, Klima und Energie, Verkehr, Gesundheit, Bildung und Forschung.

Fast ein Jahrzehnt, nachdem der chinesische Präsident Xi Jinping eine „New Silk Road“, eine „Neue Seidenstraße“ bzw. Belt and Road Initiative (BRI) vorgeschlagen hatte, folgte die EU Pekings Beispiel mit der Einführung eines ehrgeizigen Infrastruktur-Investitionsprogramms.

Die Global Gateway Initiative hat viele strategische Ziele. Dazu gehört vor allem, Chinas Gewinne mit der BRI einzudämmen und sicherzustellen, dass die EU in der Region ein Mitspracherecht hat.

Die Covid-Pandemie hat die Lieferkette vieler strategischer Rohstoffe und Produkte noch wichtiger gemacht. In diesem Zusammenhang ist eines der Hauptziele des Projekts die Sicherung der Produktlieferkette zwischen der EU und Asien.

Unterschiede zwischen Global Gateway der EU und den chinesischen „Belt and Road“-Initiativen

Global Gateway zielt darauf ab, eine modernere Version der BRI zu sein. Dabei liegt der Fokus auf Investitionen in zukunftsorientierte, umweltbewusste Projekte in den Bereichen Digital, Gesundheit, erneuerbare Energien und anderen Sektoren. Chinas BRI hingegen konzentriert sich bislang hauptsächlich auf den Bau von Straßen und Eisenbahnen oder die Renovierung von Brücken und Häfen.

Ein weiterer Unterschied von Global Gateway besteht darin, dass es EU-Werte wie Transparenz, Gesetze und menschenwürdige Arbeitsbedingungen betont.

Betrachtet man die bisherigen Investitionen der „Belt and Road“-Initiative, so scheint es, dass diesen Themen kein besonderes Gewicht beigemessen wurde.

In Bezug auf die Finanzierungsmethode weist das Global Gateway-Projekt einige Unterschiede auf. Auf chinesischer Seite stammen die Finanzierungsstrukturen hauptsächlich aus Darlehen, während das europäische Programm sowohl auf Investitionen des öffentlichen als auch des privaten Sektors angewiesen ist.

Das Global Gateway-Projekt will auch mit ähnlichen Initiativen auf der ganzen Welt zusammenarbeiten. Es plant, eine Alternative zu Road and Belt zu schaffen, indem Synergien mit Japan, einem der aktiven Investoren in der Region, sowie der Build Back Better World-Initiative der Vereinigten Staaten geschaffen werden.

Herausforderungen für die Global Gateway Initiative

Die Global Gateway Initiative steht vor vielen Herausforderungen. Betrachtet man das Projekt Global Gateway, so zeigt sich, dass vielerorts EU-Werte wie Transparenz und Arbeitsbedingungen betont werden. Betrachtet man hingegen die ostasiatischen Länder und deren Managementstile, so lässt sich prognostizieren, dass ein Fonds, der diese Werte betont, wenig attraktiv sein wird. Denn China, das alternativ Infrastrukturfinanzierungen anbietet, mischt sich nicht in die inneren Angelegenheiten der Länder ein und will keine eigenen Werte durchsetzen. Andererseits wirkt es wenig überzeugend, wenn EU-Länder behaupten, dass sie versuchen, dieses Projekt auf den Werten der EU aufzubauen, gleichzeitig jedoch milliardenschwere Handelsbeziehungen zu Ländern aufbauen, die von autoritären Regimen oder putschistischen Generälen in Afrika und anderen Teilen der Welt geführt werden.

Andererseits nutzt China die BRI, um eine eigene Handelsroute zu schaffen. Im Rahmen des Projekts stärkt es die Position Chinas in der Produktlieferkette mit den in vielen Ländern Asiens getätigten Infrastrukturinvestitionen. Aus dieser Sicht hat die EU weder eine direkte Grenze mit der betreffenden Region noch ein so großes Handelsvolumen wie China.

In Anbetracht des Investitionsvolumens dieser beiden Unternehmungen hat das Global Gateway keine guten Chancen, mit Chinas BRI zu konkurrieren. Zwar will es bis 2027 340 Milliarden US-Dollar investieren. Ein erheblicher Teil davon besteht jedoch aus bisherigen Zusagen und bloßen Kreditgarantien. China hingegen hat allein in Südostasien bereits BRI-Projekte im Wert von rund 740 Milliarden US-Dollar bereitgestellt.

Andererseits wird das Management sowohl des Finanz- als auch des Bauprozesses der BRI zentral von China durchgeführt. Im Gegensatz zu China besteht die EU aus einer ganzen Reihe von Ländern, Institutionen, unterschiedlichen Standpunkten und Prioritäten. Die Frage ist, wie gut die strategische Koordinierung zwischen EU-Ländern, -Institutionen und -Finanzinstituten funktionieren wird. Sowohl bei der Einrichtung als auch bei der Verwaltung des Fonds erwartet die EU ein herausfordernder Prozess.

Die Zukunft des Global Gateway-Projekts

In Anbetracht aller Schwierigkeiten wird es für das Global Gateway-Projekt der EU sehr schwierig sein, den erwarteten Erfolg zu erzielen. Die Umsetzung der Global Gateway Initiative scheint aufgrund einiger Bedingungen wie der Werte der EU und der Komplexität der bürokratischen Prozesse der EU schwierig. Eine weitere Herausforderung besteht darin, den Privatsektor davon zu überzeugen, in das Projekt zu finanzieren. Denn ein erheblicher Teil des Global Gateway-Fonds soll aus dem Privatsektor kommen.

In Bezug auf den Zeitplan kann gesagt werden, dass das Global Gateway-Projekt der EU eine späte Initiative ist. Seit 2013 hat BRI bereits mit 138 Ländern zusammengearbeitet. Bis 2021 erreichte der Wert von BRI-Projekten einschließlich Projekten mit chinesischer Beteiligung 4,3 Billionen US-Dollar.

Damit die Global Gateway Initiative der EU erfolgreich ist, muss sie möglicherweise mit den USA und Japan in der Region zusammenarbeiten. Südostasien ist eine Region, in der die EU „Synergien“ mit den USA und Japan finden kann. Wenn diese Akteure – EU, USA und Japan – mit lokalen Akteuren in Südostasien zusammenarbeiten, bestehen gute Chancen, positive Projekte zu realisieren.

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