Die Welt (TRT Deutsch)
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Als einer der bedeutendsten deutschen Philosophen hat Jürgen Habermas tiefgreifende Analysen zum Wesen der Beziehung zwischen öffentlicher Meinung und Medien veröffentlicht. Laut Habermas sind die wichtigsten Instrumente der öffentlichen Meinung die Massenmedien. Mit der Verbreitung der Massenmedien wurden vom Staat unabhängige Räume für die freie Äußerung von Meinungen und Debatten geschaffen, die darüber hinaus auch die Nachrichtenzirkulation beschleunigten. Sie nehmen für die Urteils- und Entscheidungsfindung des Individuums einen hohen Stellenwert ein und spielen für die Entwicklung der Demokratie eine überaus wichtige Rolle. In dieser Hinsicht haben die Medien sowohl für die freie Artikulation des Individuums als auch für die Förderung einer pluralen Gesellschaft die Funktion einer Aufsichtsinstanz eingenommen.

TRT Deutsch und die Doppelstandards

Die Globalisierung hat es möglich gemacht, von beliebigen Orten der Welt aus zu senden, und damit wurde die Gewährung eines rechtlichen Schutzes für diese Aussendungen zu einer Verpflichtung für alle betroffenen Länder. Wobei dieser Idealzustand in der Praxis jeweils anders umgesetzt wird und es zu Verletzungen der Pressefreiheit kommt. Dies kann mit den institutionellen und praktischen Behinderungen der im vergangenen Jahr als Digitalplattform gestarteten TRT Deutsch veranschaulicht werden. TRT Deutsch erhielt aufgrund der Senderpolitik Drohbriefe und wird von deutschen Medien als „Propagandainstrument der Türkei und des türkischen Staatspräsidenten Erdogan“ diffamiert. So werden von Zeit zu Zeit Nachrichten publik, die den ethischen Grundsätzen des Journalismus widersprechen und sich nicht auf Inhalte fokussieren, sondern den Sender zur Zielscheibe machen und in der Öffentlichkeit ein negatives Meinungsbild schüren sollen. So suggerierte beispielsweise die Tageszeitung Die Welt „eine Kooperation zwischen dem türkischen Geheimdienst und TRT Deutsch“ und stellte damit die Legitimität des Senders in Frage. Anstatt TRT Deutsch als Bereicherung der Medienlandschaft zu sehen, von der allen voran die in Deutschland lebenden Türken und der Rest der Gesellschaft als alternatives Medium profitieren, wird mit der Kriminalisierung des Senders mittels haltloser Vorwürfe ein anderes, gravierendes Problem offenbar. Die Veröffentlichung von persönlichen Daten des Chefredakteurs Kaan Elbir und weiterer Mitarbeiter gefährdet nicht nur die Pressefreiheit, sondern auch Leib und Leben dieser Menschen mit allen drohenden negativen Konsequenzen.

Ausländische Medien in der Türkei

Die Türkei hat sich insbesondere in den letzten Jahren zu einem Anziehungspunkt für ausländische Medien entwickelt, und diese haben mit ihren etablierten türkischen Ablegern die Medienlandschaft bereichert. Medienanstalten wie BBC, Independent und Deutsche Welle zielen mit türkischen Sendungen direkt auf ihre Zielgruppen in der Türkei. So wurde unter Führung von DW, BBC, Voice of America und France 24 2019 der Youtube-Kanal +90 eröffnet und damit begonnen, Videos mit verschiedensten Inhalten und Themenbereichen zu veröffentlichen. Trotz vordergründiger Bereicherung der türkischen Medienlandschaft durch diese Medienplattformen gerieten diese von Zeit zu Zeit wegen Interventionen in die türkische Innenpolitik und eine ständig negative Berichterstattung über die Türkei in die Kritik. Hier sei beispielhaft an das verwendete Bildmaterial hinsichtlich der in Europa beschlossenen Reisewarnungen im Rahmen der Pandemiebekämpfung erinnert, als Aufnahmen aus der Türkei die negativen Nachrichten untermalten. Dabei thematisierte man nicht etwa die Erfolge der pro-aktiven Pandemiebekämpfung der Türkei, sondern überbetonte etwaige negative Zukunftsszenarien und Risikowahrnehmungen. Mittels Zahlenvergleichen in Bezug auf Intensivbetten, medizinische Ausstattung und Bettenkapazität wurden Vergleiche gezogen, die Vorurteile dahingehend schüren sollten, wonach eine erfolgreiche Pandemiebewältigung seitens der Türkei nicht möglich sei, und somit etwaige positive Entwicklungen ausgeblendet. Insbesondere die Deutsche Welle hat sich bei den Nachrichten auf Unwägbarkeiten und Risikowahrnehmungen der Türkei versteift und dem Grundsatz der faktenbasierten Nachrichtenvermittlung in der Praxis damit einen Bärendienst erwiesen. Die Deutsche Welle beurteilt die Entwicklung in der Türkei stets unter dem Vorbehalt einer fehlenden Vertrauensbasis und drohender Risiken und verletzt die Prinzipien einer objektiven Berichterstattung. Allerdings hat diese Haltung der Deutschen Welle und der anderen genannten Anstalten nicht zu einer Bedrohung der Sender wie bei TRT Deutsch geschehen, sondern wird als Bereicherung einer sich zunehmend diversifizierenden Medienlandschaft betrachtet.

Eine ähnlich subjektive Einstellung tritt auch bei der Berichterstattung über Menschenrechte und Pressefreiheit in den Vordergrund. So zog es die Deutsche Welle vor, die Debatten über die rechtliche Regulierung von Internetplattformen wie Netflix als Ausdruck eines „zunehmenden Autoritarismus“ zu bewerten. Einseitig wurde das Internetgesetz als Einschränkung der Pressefreiheit lanciert. Dabei weist das mit der Nummer 5651 verabschiedete Gesetz speziell für das Internet Parallelen zur deutschen Gesetzgebung auf. Außerdem sind für Deutschland Regulierungsmodelle eigentlich auch nichts Neues, wurden selbige doch auch in Frankreich und England verabschiedet. Mit dem Anfang 2018 verabschiedeten „Netzgesetz“ droht Privatpersonen bei Nichtlöschung von illegalen Inhalten eine Geldstrafe in Höhe von bis zu 5 Mio. Euro und Unternehmen gar bis zu 50 Mio. Euro. Darüber hinaus hat Deutschland empfindliche Geldstrafen gegen Betreiber sozialer Netzwerke wegen der Verbreitung schädlicher Inhalte verhängt.

Die wachsende Präsenz ausländischer Medieneinrichtungen in der Türkei nimmt einen wichtigen Platz in der Diversifizierung der Medienlandschaft ein. Von dieser Ermöglichung von Öffentlichkeit hängen auch Meinungsfreiheit und -vielfalt direkt ab. Doch die in den letzten Monaten in Deutschland betriebene Hetze gegen TRT Deutsch und die anderen TRT Formate birgt für Meinungsfreiheit und Demokratie gravierende Risiken. Man macht es TRT Deutsch und Medienanstalten anderer Länder zunehmend schwerer, Kanäle zu betreiben bzw. überhaupt zu öffnen und verkompliziert die formellen Prozeduren. In einer Zeit von wachsendem Rassismus und Populismus deuten die hier beschriebenen Widrigkeiten in Sachen Presse und Medien auf ernsthafte Risiken für Deutschlands Zukunft hin.

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