Die Operation Luxor war eine der größten juristischen und polizeilichen Operationen seit 1945, die sich gegen angebliche Mitglieder einer terroristischen Organisation richtete. Beinahe 1.000 Einsatzkräfte rückten vor genau vier Jahren in den Morgenstunden des 9. November 2020 gegen mehr als 70 Personen und Einrichtungen aus. Insgesamt wurden mehr als 100 Beschuldigte geführt.
Baldige Korrektur durch Gerichte
Bald jedoch wurde die theatralisch vom damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz und dem Innenminister Karl Nehammer als „Schlag gegen den politischen Islam“ und gegen die „Hintermänner des Terrors“ zelebrierte Aktion vom Oberlandesgericht als rechtswidrig abgestraft.
Eine Anklage: Aber nicht wegen Terrorismus
Anstatt den Skandal einzusehen, arbeitete der beauftragte Staatsanwalt weiter, ignorierte geflissentlich die Beschlüsse des Oberlandesgerichts und zögerte zahlreiche Ermittlungen in die Länge.
Während nach vier Jahren an die 100 Ermittlungen eingestellt wurden, kam es diesen Herbst tatsächlich zu einer einzigen Gerichtsverhandlung. In dieser ging es aber nicht um Terrorismus. Im Gegenteil: Einem Lehrer wurde wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung der Prozess gemacht. Diesen verlor der Staatsanwalt aber.
Sand in den Kopf stecken
Nach den ersten Tagen und Wochen des Zelebrierens veränderte sich der Ton rasant. Nachdem Medien kritisch nachzufragen begannen hatten, was denn nun wahr sei an den Behauptungen gegenüber den Beschuldigten, begann der Innenminister die Verantwortung auf die Justizministerin zu schieben.
Und diese wiederum schoben es auf den Staatsanwalt, der wiederum schob die Verantwortung auf den Nachrichtendienst (vormals Bundesamt für Verfassungsschutz, nunmehr Direktion Sicherheit und Nachrichtendienst), der im Innenministerium angesiedelt ist. Er müsse schließlich ermitteln, wenn dieser ihm zuarbeite. Dieser Umgang währte bis zum 6. Oktober 2023.
Versuche des Revisionismus
Nach dem Vergeltungsschlag der palästinensischen Widerstandsorganisation auf Israel und dem Ausbruch des Krieges gegen Gaza am 7. Oktober 2023 wurde das diskursive Blatt gewendet. Der Sicherheits-Komplex arbeitete an einer revisionistischen Umdeutung der Operation Luxor.
Wenige Tage nach dem Beginn des Krieges meinte der spätere ÖVP-Innenminister auf den Kommentar, dass es sich bei der Operation Luxor um einen „Ermittlungsflopp“ handle, dass doch „nach wie vor viele Ermittlungsverfahren am Laufen“ seien. Damals waren es noch etwas mehr als zwanzig.
Der Politikwissenschaftler Nikolas Stockhammer, der für den DSN einen Weiterbildungslehrgang im Bereich Terrorismusabwehr an der Universität Krems durchführt, teilte öffentlich seine Meinung, wonach er es nicht so sieht, dass die Operation Luxor ein Flop gewesen sei.
Im Gegenteil: Er meinte, diese sei berechtigt gewesen und setzte nach: „Ich würde sagen, es ist die Justiz in die Pflicht zu nehmen.“ Das klingt ganz nach der Auslegung des rechtsextremen FPÖ-Obmanns Herbert Kickl, wonach das Recht der Politik zu folgen hat und nicht umgekehrt.
Ganz im Sinne dieses Revisionismus meinte auch der DSN-Chef, die Aktion wäre ein Erfolg gegen die Hamas (!) gewesen. Wider besseres Wissen wird der Öffentlichkeit eine neue Deutung abseits jeglicher Evidenz präsentiert.
Offene Fragen
Während das Wochenmagazin Profil im Rahmen einer investigativen Recherche aufzeigte, wie private Detektive in eine Schmutzkübelkampagne involviert waren, Millionen an Euro dafür aus den Emiraten kassierten und gleichzeitig Verbindungen zum Nachrichtendienst unterhielten, scheinen diese Verbindungen niemanden in der österreichischen Politik zu interessieren.
Kein Untersuchungsausschuss hat diesen Skandal aufgegriffen. Keine Oppositionspartei hat sich damit beschäftigt.
Während sich der Sicherheits-Komplex um eine Umdeutung des Narrativs bemüht und die politisch Verantwortlichen schweigen, bleibt die Wahrheit auf der Strecke. Die wenigen Beschuldigten, gegen die vier Jahre nach der Operation Luxor weiter ermittelt wird, bleiben weiterhin in den Fängen der Staatsanwaltschaft.