Trump 2.0 in der neuen politischen Welt / Photo: DPA (dpa)
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Die Umfragen in den USA hatten über lange Zeit ein präsidentielles Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem Republikaner Donald John Trump und der Demokratin Kamala Devi Harris angedeutet. Das Projekt „fivethirtyeight“ sagte tendenziell einen Sieg Harris voraus. Allan Lichtman, Professor an der American University, prognostizierte ebenfalls einen Wahlsieg von Harris. Es kam aber anders. Trump errang einen Erdrutschsieg in der präsidentiellen Wahl am 5. November 2024, sicherte sich rasch die Mehrheit im „Electoral College“. Alle sieben „Swing States“ konnte er auf seine Seite ziehen.

Schmerzhafte Ursachenforschung bei den Demokraten über ihre Wahlniederlage

Ironischerweise fragen sich manche Demokraten, ob sie nicht doch Joe Biden im Rennen gegen Trump hätten belassen sollen. Fareed Zakaria nennt auf CNN drei Gründe, warum Harris das präsidentielle Rennen verlor: Erstens, die Demokraten konnten keine überzeugenden Antworten für den Umgang mit der massiven illegalen Einwanderung in die USA finden. Zweitens, die rechtlichen Verfolgungen von Trump wurden nicht ausreichend unparteiisch dargestellt. Drittens schließlich, dass sich die „Identitätspolitik“ von Teilen der Demokraten zu sehr vom amerikanischen Mainstream abkoppelte und entfernte.

Der demokratische Senator Bernie Sanders kritisiert an seiner Partei, dass die Demokraten teilweise den Bezug zur Arbeiterklasse verloren. Die Demokraten werden nicht mehr im gleichen Ausmaß von den verschiedenen ethnischen Gruppen in den USA gewählt.

Auch offenbarte sich bei den Demokraten diesmal ein Problem bei der Wählermobilisierung. Allan Lichtman meinte, dass die Medienmacht von Elon Musk, der mit der Plattform „X“ massiv Trump unterstützte, sein Prognosemodell ordentlich durcheinander brachte.

Auch lässt die Niederlage von Harris eine déjà-vu-Erinnerung an die Niederlage von Hillary Clinton im Jahr 2016 anklingen. Die US-Demokraten stehen vor der schwierigen Herausforderung, sich bei künftigen Wahlen neu aufzustellen.

Der politische Mythos von Trump 2.0

Wurde Trump bei seinem Wahlsieg von 2016 gegen Hillary Clinton nur von einer Minderheit der Amerikaner (46,1%) gewählt, so sicherte er sich diesmal mit 50,2% auch eine Mehrheit der Wähler. Bei den gleichzeitig stattfindenden Parlamentswahlen zum Kongress behielten die Republikaner die Mehrheit im Repräsentantenhaus, aber eroberten die Mehrheit im Senat zurück.

Im US-Verfassungsgericht gibt es außerdem eine Mehrheit an konservativen Richtern, von denen Trump in seiner ersten Amtszeit drei selbst ernannt hatte. Bis zu den Zwischenwahlen in zwei Jahren (2026) ist Trump damit mit einer enormen Machtfülle ausgestattet. Erstaunlich zeigt sich der Wahlsieg von Trump auch deshalb, weil er 2020 gegen den Demokraten Joseph Robinette Biden verlor. Solch ein nicht-konsekutiver Wahlsieg war vor Trump nur einmal dem Demokraten Grover Cleveland im Jahr 1892 geglückt. Damit schuf Trump so etwas wie einen „politischen Mythos“. Teil dieser politischen Saga ist zusätzlich, dass an Trumps politischer Seite diesmal US-Milliardär Elon Musk stand, der die Trumpsche Kampagne nachhaltig unterstütze, auch über die Social-Media-Plattform „X“. Dort hat Musk über 200 Millionen Follower und Followerinnen. Es heißt, dass in der neuen Trump-Administration für Musk eine Leitungsposition für „Regierungseffizienz“ vorgesehen ist.

Mit seiner zweiten Inauguration am kommenden 20. Januar kann Trump die Umsetzung seiner Agenda in einem nächsten Akt angehen, also Teil zwei von Trumps Politik. Betreffend Trump wurden des Öfteren Sorgen geäußert, was sein Verständnis von Demokratie sei. Könnten die USA unter Donald Trump zu einer „illiberalen“ Demokratie werden, was als Frage Professor Reinhard Heinisch von der Universität Salzburg formulierte? Im Folgenden werden deshalb kurz Szenarien zum politischen Programm von Trump 2.0 durchgespielt.

Trump 2.0 und seine innenpolitische Agenda

Interessanterweise wird berichtet, dass Trump im Gesundheitsbereich „Obama Care“ belassen möchte. Es soll zwar am System des „Affordable Care Act“ geschraubt werden, aber das System soll erhalten bleiben.

In wirtschaftlicher Hinsicht gilt es, Regulierungen zu reduzieren, bei Steuern auf der Bremse zu stehen oder diese sogar herabzusetzen. Trump gilt als ein Anhänger von IT und KI (künstlicher Intelligenz), sieht diese als wesentliche Treiberinnen für wirtschaftliche Entwicklung. Einzelnen IT-Giganten steht Trump aber durchaus kritisch gegenüber. Trump sympathisiert mit Kryptowährungen, diese Communities erhoffen sich von ihm einen Aufschwung.

Betreffend illegale Einwanderung möchte Trump einen äußerst harten Kurs fahren, der in letzter Konsequenz nicht vor Ausweisungen oder „Deportationen“ zurückschrecken würde. Es wird geschätzt, dass es sich dabei um 11 Millionen Personen handeln könnte. Wie sich aber solch ein Plan von Massen-Abschiebungen überhaupt realisieren lässt, das bleibt abzuwarten, denn hier gibt es rechtliche, aber auch internationale Implikationen.

Trump borgte sich den Spruch „Drill, baby, drill“ aus, und meint damit die Abwendung von der „ökologischen Energiewende“. Trump ist ein Anhänger fossiler Energien, und möchte durch deren forcierte Nutzung die amerikanische Wirtschaft wieder kompetitiver gestalten. Dafür soll der „Inflation Reduction Act“, mit seiner Unterstützung ökologischer Ansätze, zumindest teilweise rückgebaut werden.

Aber auch hier ist die Interessenslage für „ökologische Energie“ eine komplexe, da ökonomische Gewinnrechnungen von erneuerbarer Energie versus fossiler Energie sich nicht mehr simpel einseitig entschieden lassen. Ebenfalls in republikanisch regierten Bundesstaaten gibt es ein Interesse an erneuerbarer Energie.

Trump 2.0 und die Neue Weltordnung

Allgemein wird erwartet, dass unter Trump 2.0 die USA sehr rasch das „Pariser Klimaschutzübereinkommen“ verlassen werden. Trump ist kein Anhänger des „Multilateralismus“. Vor diesem Hintergrund reflektiert er in der Öffentlichkeit, was die künftige Rolle der USA in der NATO sein solle. Ein Bereich, in welchem Trump einen kantigen Kurs zu fahren beabsichtig, ist der konsequente Abbau von Handelsdefiziten der USA. So benannte er aktuell „Zölle als eines der schönsten Worte im Wörterbuch“.

Durch das Hochfahren von Zöllen möchte er Unternehmen, sowohl amerikanische als auch nicht-amerikanische, dazu bewegen, wieder vermehrt direkt in den USA zu produzieren. Das soll die USA re-industrialisieren, Arbeitsplätze kreieren, den USA aber auch mehr strategische Unabhängigkeit verschaffen. Inhaltlich wird sich diese neue amerikanische Zollpolitik vor allem gegen China und die chinesischen Exporte in die USA richten.

In der Trumpschen Weltsicht ist China wahrscheinlich jene Weltmacht, die die Hegemonie der USA am meisten herausfordert, sogar bedroht. Die Achse USA-China ist damit in den kommenden Jahren besonders krisenanfällig. Im Nahen Osten sind aus Sicht von Trump vor allem Israel, aber auch Saudi-Arabien, Verbündete, und wird der Iran als Gegenspieler verstanden. Trump brachte die Denkfigur ein, dass Israel die iranischen Nuklearanlagen militärisch direkt angreifen könne.

Der China-Russland-Ukraine Nexus

Die Beendigung des Krieges in der Ukraine steht hoch auf Trumps Agenda. Er meinte sogar, den Krieg stoppen zu können, noch bevor er sein Amt erneut 2025 antritt. Wie er dies machen wolle und ob dies überhaupt realistisch sei, das bleibt abzuwarten. Da Russland gerade Geländegewinne im Osten der Ukraine verbucht, stellt sich die berechtigte Frage, was gerade das Interesse Russlands an Verhandlungen sein solle. Deshalb ist eine Befürchtung, dass Trump auf die Ukraine Druck ausüben könnte, einen unausgewogenen Friedensplan zu akzeptieren.

Andererseits führte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz gerade ein Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Die beiden Staatschefs sprachen zuletzt im Dezember 2022 miteinander, also Monate nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs. Dieses aktuelle Gespräch unterstreicht, dass der Westen nach der Wahl Trumps möglicherweise wiederum einzelne Schritte in Richtung eines dialogischen Austausches mit Russland setzt.

Trotzdem soll nicht unterschätzt werden, und das entspricht ebenfalls einer Trumpschen Unberechenbarkeit, dass im Falle eines gescheiterten „Deals“ die Trump-Administration selbst dazu imstande wäre, die Unterstützung für die Ukraine einseitig hochzufahren. Vielleicht spielt hier sogar ein Masterplan hinein. Ohne chinesischer Unterstützung kann Russland den Krieg in der Ukraine nicht lange fortsetzen: Trump könnte seinen ökonomischen Druck auf China dafür nutzen, von China zu verlangen, mäßigend auf Russland einzuwirken.

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