Berlins Innensenator Andreas Geisel geht davon aus, dass viele Kritiker des neuen Berliner Antidiskriminierungsgesetzes keine Erfahrung mit dem Thema gemacht haben.
„Die Kritiker sind meist ältere weiße Männer, die behaupten, das sei nicht notwendig. Ja, sie werden ja auch nicht diskriminiert“, sagte der SPD-Politiker in einem Interview, das das Magazin „Cicero“ am Freitag online veröffentlicht hat.
„In unserer Stadt haben 35 Prozent der Bevölkerung einen Migrationshintergrund – das sind immerhin 1,3 Million Menschen. Wenn die uns von ihren täglichen Wahrnehmungen und Erlebnissen berichten, die alte weiße Männer allesamt nicht haben, dann müssen wir das ernst nehmen.“
Geisel verteidigte das umstrittene Gesetz, das vom Abgeordnetenhaus Anfang Juni beschlossen wurde und Menschen in Berlin vor Diskriminierung durch Behörden und auch durch die Polizei schützen soll.
„Wir müssen uns vor die Menschen stellen, die den Eid auf unsere Verfassung abgelegt haben. Man muss die Dinge aber auch beim Namen nennen. Zu behaupten, wir hätten in Deutschland kein Problem mit Rechtsradikalismus und Rassismus in der Polizei, stimmt so eben auch nicht“, sagte Geisel. „Die Polizei ist ein Spiegelbild der Gesellschaft. Aus Sicht der Betroffenen ist es leider so, dass man häufiger von der Polizei kontrolliert wird, wenn man anders aussieht.“
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte wenige Tage vor dem Beschluss des Gesetzes kritisiert, es sei „im Grunde ein Wahnsinn“ und gefordert, die Polizei nicht unter Generalverdacht zu stellen. Geisel sagte im Interview, Seehofers Kritik beziehe sich auf die Entwurfsfassung des Gesetzes. „Ich bespreche das nächste Woche mit den Kollegen bei der Innenministerkonferenz. Da ist Herr Seehofer ja auch mit dabei.“
Den aktuellen Gesetzestext nehme er dann sicherheitshalber mit. „Nicht alle Kollegen, die sich dazu äußerten, haben die vom Berliner Abgeordnetenhaus beschlossene Fassung vorher gelesen.“