Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) steht lächelnd vor seiner Regierungserklärung im Plenum des Bundestags vor Boris Pistorius (SPD), Bundesminister der Verteidigung. / Photo: DPA (dpa)
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Ungeachtet der Debatten um Verteidigungsminister Boris Pistorius als möglicher SPD-Kanzlerkandidat scheint Kanzler Olaf Scholz weiter von seiner erneuten Aufstellung durch die Partei auszugehen. Das machte er zum Abschluss des G20-Gipfels in Rio de Janeiro in Interviews teilweise deutlich.

„Kann mich über Unterstützung der Parteiführung nicht beklagen“

So sagte Scholz im Interview von RTL und ntv auf die Frage, ob der Kanzlerkandidat der SPD Olaf Scholz heißen werde: „Ich finde, dass die Diskussionen, die da jetzt geführt werden, völlig okay sind. Aber wir wollen gemeinsam gewinnen. Ja, so ist es.“ Bei ProSieben/Sat.1 newstime antwortete er auf eine fast wortgleich gestellte Frage: „Es ist doch völlig klar, dass wir da gemeinsam antreten wollen. Und ich kann mich über die Unterstützung und den Support der Parteiführung nicht beklagen. Da haben die sich sehr klar geäußert und diese Frage, die Sie gerade gestellt haben, sehr deutlich beantwortet.“

In einer Pressekonferenz und weiteren Interviews äußerte sich Scholz ausweichender. Die SPD und er wollten gemeinsam erfolgreich sein und die Bundestagswahl zusammen gewinnen, betonte er. „Wir wollen gemeinsam erfolgreich sein“, sagte er. „Gemeinsam, ich und die SPD.“ Auf die Frage nach seinen Chancen, Kanzlerkandidat zu werden, ging Scholz mit dieser Antwort nicht direkt ein. Im ZDF räumte Scholz zwar eine Diskussion innerhalb der SPD ein, sagte aber auf die Frage, ob er sich bereit mache, dass der Parteichef ihm morgen schlechte Nachrichten in Sachen Kandidatur überbringe: „Machen Sie sich keine Hoffnung, die SPD steht zusammen.“

Schalte der SPD-Führung

Am Abend beriet die Parteiführung in einer Schalte über die den Wahlkampf. Im Anschluss drangen am Abend keine Neuigkeiten nach außen - weder zu einer erneuten Nominierung von Scholz, noch zu einem Austausch gegen Pistorius. Es habe sich um eine der regelmäßig stattfindenden Schalten zur Vorbereitung der Bundestagswahl und des anstehenden Parteitags gehandelt, hieß es im Willy-Brandt-Haus. An dem Gespräch sollten die Parteivorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken, Generalsekretär Matthias Miersch und die stellvertretenden Parteivorsitzenden teilnehmen. Scholz selbst hatte gerade die Beratungen auf dem G20-Gipfel in Rio de Janeiro abgeschlossen und sollte auch nicht zugeschaltet werden.

In der SPD war der Druck für eine Entscheidung in der Frage der Kanzlerkandidatur zuvor immer mehr gestiegen. Seit Tagen dauert die Diskussion an, ob der Amtsinhaber oder der in Umfragen wesentlich besser dastehende Verteidigungsminister der bessere Kandidat für die anstehende Neuwahl ist. Eine Sprecherin sagte, bei der Schalte am Abend handele es sich um „eine regelmäßige Telefonkonferenz mit den stellvertretenden Parteivorsitzenden zur Organisation des vorgezogenen Wahlkampfs in Bezug auf Daten und Fristen“.

Pistorius: Antwort kann schnell hinfällig sein

Pistorius sieht seine Beliebtheitswerte nicht als Verpflichtung gegenüber der eigenen Partei. Auf eine entsprechende Frage sagte er den Zeitungen der Mediengruppe Bayern: „Nein. Dass meine Arbeit honoriert wird, freut mich. Und gleichzeitig ist die Frage, ob eine Partei diesen oder jenen Schluss daraus zieht, eine völlig andere.“ Die Frage, ob er glaube, dass Scholz dabei bleibe, als nächster Kanzlerkandidat ins Rennen zu gehen, beantwortete Pistorius mit „Ja“. Stünde er aber bereit, wenn das nicht so bleibt? „Ich beantworte grundsätzlich keine hypothetischen Fragen, weil eine Antwort, die ich heute gebe, übermorgen schon hinfällig sein kann“, sagte Pistorius.

Scholz sagte auf der Pressekonferenz in Rio, dass jetzt öffentlich über die Aufstellung der SPD für die Bundestagswahl diskutiert werde, sei angesichts der Situation normal. „Aber das ist für die SPD klar und auch für mich: Wir gehen in diese Wahl hinein, erfolgreich aus ihr herauszugehen.“ In dem Gespräch mit ProSieben/Sat.1 newstime erinnerte Scholz daran, „dass die SPD die letzte Bundestagswahl zum Beispiel gewonnen hat, obwohl auch vorher alle gesagt haben: Nach den Umfragen geht's ja gar nicht. Ging doch“.

Schröder und Gabriel melden sich zu Wort

Unterdessen schalteten sich auch die früheren Parteigrößen in die Debatte ein. Der ehemalige SPD-Chef Sigmar Gabriel schrieb auf X: „An der Basis der SPD steigt jeden Tag der Widerstand gegen ein ,Weiter-so’ mit Kanzler Scholz. Und der SPD-Führung fallen nur Beschwichtigungen und Ergebenheitsadressen ein.“ Ex-Kanzler Gerhard Schröder hält die Diskussion insgesamt für die SPD für schädlich. „Jede Debatte über einen amtierenden Bundeskanzler, den man nicht austauschen kann, schadet allen“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“.

dpa