3.08.2020, Berlin: Elke Breitenbach (Die Linke), Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales, spricht mit Beziehern des Solidarischen Grundeinkommen (SGE). (dpa)
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Trotz Kritik von SPD und CDU hält Berlins Integrationssenatorin Elke Breitenbach an einer Migrantenquote für den öffentlichen Dienst fest. „Also ich sehe das überhaupt nicht als eine echte harte Quote an, sondern ich sage: Berlin ist eine vielfältige und bunte Stadt“, betonte die Linke-Politikerin im Interview mit TRT Deutsch.

Die angestrebte Quote von 35 Prozent orientiere sich lediglich am Anteil der Menschen mit Migrationsgeschichte in der Berliner Bevölkerung. „Wenn wir uns die Verwaltung angucken, dann stellen wir fest, dass diese Vielfältigkeit dort nicht abgebildet wird. Wir stellen fest, dass ganz viele Menschen mit Einwanderungsgeschichte, mit Migrationshintergrund die Verwaltung gar nicht als Berufsoption sehen“, schilderte die Berliner Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales.

Der CDU-Landeschef Kai Wegner glaubt jedoch nicht an den Vorstoß. Seiner Meinung nach spalten Quoten die Gesellschaft und führen zu Unfrieden. „Zudem würde eine Bevorzugung aufgrund ethnografischer Merkmale schwerwiegende rechtliche Probleme heraufbeschwören“, sagte er.

„Wir haben jetzt eine gespaltene Gesellschaft. Wir haben eine Gesellschaft, die ganz vielen Menschen aufgrund von unterschiedlichen Vorraussetzungen den Zugang quasi zum öffentlichen Dienst nicht öffnet“, konterte Breitenbach. „Dieses Gesetz soll deutlich machen: Wir wollen alle Berlinerinnen und Berliner mit Einwanderungsgeschichte in diesen Behörden.“ Das heiße allerdings nicht, dass entsprechende Qualifikationen fehlen dürften. Nur mit einer gezielten Öffnung der Behörden könne jedoch eine „Spaltung dieser Gesellschaft“ bekämpft werden.

„Viele Menschen mit Migrationshintergrund sehen für sich überhaupt gar keine Option darin, sich im öffentlichen Dienst zu bewerben. Wir müssen auch ganz gezielt als öffentlicher Dienst auf Menschen mit Einwanderungsgeschichte zugehen“, forderte Breitenbach. „Wir brauchen dann natürlich auch entsprechende Fördermaßnahmen. Also Nachteile müssen abgebaut werden, indem wir Menschen mit Einwanderungsgeschichte auch nochmal besonders fördern.“

Strukturellen Rassismus durchbrechen

Die Senatorin betonte, dass Diskriminierung noch immer keine Seltenheit beim Auswahlverfahren im öffentlichen Dienst sei. „Da berufe ich mich schon auf Untersuchungen, die festgestellt haben, wenn sich ein Mensch mit einem deutschen Namen bewirbt und wenn sich ein Mensch mit einem nicht-deutschen Namen bewirbt – beide haben den gleichen Lebenslauf, beide haben die gleiche Qualifikation – dann sagen die Untersuchungen, es werden die Menschen mit dem Deutsch klingenden Namen eingeladen.“ Menschen mit ausländisch klingenden Namen würden oft gar nicht erst eingeladen. „Das zeigt sehr deutlich, dass es hier rassistische Strukturen gibt, strukturellen Rassismus. Und der muss durchbrochen werden.“

Hinsichtlich des Widerstands aus der SPD gegen eine Migrantenquote sagte Breitenbach: „Wir haben ein Rechtsgutachten machen lassen. Wie gesagt, es ist ja keine Quote, wo wir sagen, 50 Prozent dürfen jetzt nur Menschen mit Einwanderungsgeschichte sein.“

Berlins Innensenator Andreas Geisel hatte die Forderung nach einer Quote zurückgewiesen. Mit der Begründung, eine Quote sei verfassungswidrig. Im Interview mit dem „Tagesspiegel“ sagte der SPD-Politiker: „Unser Grundgesetz sagt: Niemand darf bevorteilt oder benachteiligt werden aufgrund seiner Herkunft, seines Geschlechts, Ethnie, Sexualität.“

„Der Migrationshintergrund ist eine freiwillige Angabe – wir kommen da über eine Orientierungsgröße nicht hinaus. Gut gemeint ist nicht gut gemacht“, erklärte Geisel.

Am Mittwoch beschloss die rot-rot-grüne Koalition im Koalitionsausschuss laut „rbb24“, dass die Senatsinnen- und die Senatsarbeitsverwaltung über die Frage der Migrantenquote einen gemeinsamen Entwurf erarbeiten sollen.

18.12.2020, Berlin: Andreas Geisel (SPD), Innensenator von Berlin, stellt auf einer Pressekonferenz einen Plan zur Bekämpfung von Radikalisierung und Terrorismus vor. (DPA)

Breitenbach:Rechtsextreme Netzwerke austrocknen

Trotz vieler Erfolge ist die Berliner Polizei laut Breitenbach noch nicht so „vielfältig“ und „bunt“, „wie wir sie uns wünschen würden“.

„Rechtsextreme Netzwerke müssen alle ausgetrocknet werden. Rechtsextreme haben in der Polizei nichts zu suchen. Ich hoffe, dass der Innensenator hier entsprechend auch nochmal tätig wird“, richtete sich Breitenbach an Geisel.

Der Integrationssenatorin zufolge ist auch eine Quote nicht ausreichend, um Rassismus in den öffentlichen Institutionen völlig zurückzudrängen: „Also es ist ein Baustein.“

„Wie wir festgestellt haben, gibt es rechtsextreme Netzwerke in der Polizei“, betonte sie. „Die werden wir dadurch natürlich nicht trockenlegen, sondern da muss es entsprechende Verfahren geben und Rechtsextreme müssen aus der Polizei auch entfernt werden“, so Breitenbach.

TRT Deutsch