Symbolbild. Ukraine-Flüchtlinge. (dpa)
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Die Innsbrucker Bildungswissenschafterin Frauke Schacht stellt große Unterschiede in der öffentlichen Wahrnehmung zwischen der aktuellen Situation und der Flüchtlingswelle 2015 fest. Dabei kritisiert sie, es würde gewissermaßen zwischen „Geflüchteten erster und zweiter Klasse“ unterschieden.

Bewusste Unterscheidung auch auf Regierungsebene
Dies sei „brandgefährlich“, wie Schacht in einem Interview mit der Austria Presse Agentur (APA) bekundete. Es würden sich infolge der Invasion Russlands in der Ukraine „festgefahrene Denkmuster“ und Rassismen zeigen.
Sowohl der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer als auch Integrationsministerin Susanne Raab (beide ÖVP) differenzierten in ihren Stellungnahmen zwischen 2015 und der aktuellen Flüchtlingssituation. „Dass Karl Nehammer zwischen Geflüchteten aus Afghanistan und jenen aus der Ukraine unterscheidet, ist brandgefährlich“, sagte Schacht, Senior Scientist an der Universität Innsbruck, gegenüber der APA. Er bediene so einen „Spaltungsdiskurs“.

Unterscheidung entlang von Stereotypen

„Eine Unterscheidung entlang festgefahrener und stereotyper Vorstellungen unter geflüchteten Menschen zu treffen, ist eine äußerst gewaltvolle Handlung. Es darf keine Geflüchteten erster und zweiter Klasse geben“, sagte Schacht. Das sei „Gift für die gesamte Gesellschaft“. Es gehe nicht darum, zu entscheiden, wem man helfen wolle. Vielmehr sei dies eine historische und globale Verantwortung.

Der „Doppelstandard“ gegenüber Geflüchteten lasse sich nicht allein mit Rassismus erklären. Die räumliche Nähe zur Ukraine spiele laut Schacht eine wesentliche Rolle. Menschen kämen oft über den Landweg und seien weniger lange unterwegs. Ferner könne man die unterschiedliche Wahrnehmung auch „aus einer kritischen Genderperspektive“ erklären. Frauen und Kinder würden häufig als unschuldige Opfer gesehen, während Männer eher als übergriffig und gewalttätig wahrgenommen würden.

Schacht setzt sich gegen eine „Viktimisierung“ geflüchteter Menschen ein. Man müsse sich auf die Begegnung mit seinem Gegenüber an sich konzentrieren, ob mit oder ohne Fluchterfahrung. Die Wissenschaftlerin plädiert auch dafür, „glokal“ zu denken – also „globale Zusammenhänge, die wir im Lokalen sehen können, erfahrbar machen“. Dazu gehöre etwa, sich selbst zu fragen, wie „der persönliche Konsum sich auf die Welt auswirkt“.

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TRT Deutsch