Die Europäische Kommission ist am Montag von einigen Europaabgeordneten für ihr Schweigen zur illegalen Pushback-Politik Griechenlands gegenüber Geflüchteten kritisiert worden. Die Reaktionen richteten sich an den Vizepräsidenten der EU-Kommission, Margaritis Schinas, und die EU-Kommissarin für Inneres, Ylva Johansson, während einer Sitzung des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des Europäischen Parlaments.
Die Abgeordneten bezogen sich in ihrer Kritik auf ein am 19. Mai von der „New York Times“ veröffentlichtes Video. Darauf ist zu sehen, wie Migranten von griechischen Einsatzkräften zurückgedrängt werden. Der Vorfall ereignete sich der Zeitung zufolge am 11. April.
Das brisante Video, das auf der Insel Lesbos aufgenommen wurde, enthüllt die von Athen lange geleugneten Pushbacks. Es zeigt, wie 12 Migranten, darunter Kinder und ein sechs Monate altes Baby, in einem Lieferwagen an einen abgelegenen Ort gebracht und dort gezwungen werden, in ein Schlauchboot zu steigen.
Später werden sie auf ein Schiff der griechischen Küstenwache gebracht und auf einem treibenden Boot mitten in der Ägäis ausgesetzt. Dort mussten die Menschen ausharren, bis sie von der türkischen Küstenwache gerettet wurden.
Duldet die EU-Kommission das illegale Vorgehen von Griechenland?
Die deutsche Europaabgeordnete Birgit Sippel (SPD) sagte, es sei nicht das erste Mal, dass Migranten von Griechenland zurückgedrängt würden. Diese Praxis dürfe nicht unterstützt werden. Die niederländische EU-Abgeordnete Sophie in 't Veld sagte, das Video sei eindeutig und lasse keinen Raum für andere Interpretationen.
Die sogenannten Pushbacks der griechischen Küstenwache gegen Flüchtlinge sind nicht neu. Seit 2020 blockiert und beschädigt das EU-Land immer wieder Migrantenboote bei der Überfahrt von Türkiye nach Griechenland. Der EU-Grenzschutzagentur Frontex wird vorgeworfen, an der griechischen Praxis beteiligt zu sein oder sie zu unterstützen.
Internationale Menschenrechtsgruppen und Griechenlands Nachbarland Türkiye haben Athens illegale Praxis der Zurückweisung von Asylsuchenden wiederholt verurteilt. Sie werfen Griechenland vor, humanitäre Werte und das Völkerrecht zu verletzen. Das Land gefährde das Leben schutzbedürftiger Migranten.
Zuletzt war Frontex immer wieder wegen der Vertuschung von gemeinsamen „Pushbacks“ mit Griechenland in die Kritik geraten. Im April 2022 trat Fabrice Leggeri aufgrund der Vorwürfe als Frontex-Chef zurück. Am 1. März 2023 wurde der niederländische Offizier Hans Leijtens zum neuen Direktor der EU-Agentur ernannt.