Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) hat davor gewarnt, den Zugang zu humanitärer Hilfe für Menschen im Gazastreifen zu blockieren. „Die Behinderung von Hilfslieferungen, wie sie in den Genfer Konventionen vorgesehen sind, könnte eine Straftat darstellen, für die das Gericht zuständig ist“, sagte Karim Khan am Sonntag nach einem Besuch am Grenzübergang in Rafah.
Er wolle gegenüber Israel deutlich machen, dass „unverzüglich erkennbare Anstrengungen unternommen werden müssen“, um sicherzustellen, dass die Zivilbevölkerung im von der Hamas regierten Gazastreifen „mit Grundnahrungsmitteln und Medikamenten versorgt wird“, sagte Khan in Kairo.
Khan erläuterte, er habe „Lastwagen voller humanitärer Hilfsgüter gesehen, die dort festsaßen, wo niemand sie braucht“. Diese müssten „ohne Verzögerung“ zu den Zivilisten im Gazastreifen gebracht werden.
Die in Gaza regierende Hamas rief Ägypten am Sonntag dazu auf, „entschieden“ zu handeln, um humanitäre Hilfe in den Gazastreifen zu bekommen. „Ägypten sollte kein Zuschauer bleiben“, erklärte Musa Abu Marsuk vom Politbüro der Palästinenserorganisation.
Der Grenzübergang Rafah zwischen Ägypten und dem Gazastreifen ist derzeit der einzige Weg für humanitäre Hilfe in das Palästinensergebiet. Bisher sind etwa 90 Lastwagen mit Hilfslieferungen in den Gazastreifen gelangt.
Khan sagte am Sonntag, seine Behörde führe Ermittlungen zu „jeglichen Verbrechen“ im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt. Dazu gehörten sowohl die aktuellen Geschehnisse im Gazastreifen als auch im Westjordanland.
Mehr als 7000 Palästinenser durch Israels Angriffe getötet
Israel hatte zuletzt die Versorgung des Gazastreifens mit Wasser, Lebensmitteln, Treibstoff und Strom gestoppt und zugleich massive Luftangriffe gestartet. Die israelische Regierung plant nun einen Großangriff mit Bodentruppen. Der rund 40 Kilometer lange und etwa sechs bis zwölf Kilometer breite Küstenstreifen gilt als eines der am dichtesten besiedelten Gebiete der Welt. Etwa 2,4 Millionen Menschen leben dort zumeist in ärmlichen Verhältnissen.
Die im Gazastreifen regierende Hamas startet am 7. Oktober die „Operation Al-Aqsa-Flut“. Nach Angaben der Widerstandsorganisation reagierten die Kämpfer damit auf die israelischen Übergriffe auf die Al-Aqsa-Moschee und die zunehmende Gewalt der illegalen Siedler gegen Palästinenser. Erklärtes Ziel ist aber auch die Aufhebung der israelischen Belagerung.
Nach Angaben der Behörden in Gaza wurden dort seit dem 7. Oktober insgesamt 8.306 Menschen getötet, darunter mehr als die Hälfte Frauen und Kinder. 20.242 weitere wurden demnach verletzt. In Israel verloren rund 1400 Menschen ihr Leben, wie israelische Sicherheitskreise berichten. 5431 weitere seien verletzt worden.