Frankreichs Unterhaus hat am Dienstag für den Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Extremismus und „islamistischem Separatismus“ abgestimmt. Erklärtes Ziel des Gesetzes ist die Bekämpfung von „religiösen Gruppen, die versuchen, Frankreichs säkulare Traditionen zu untergraben“. 347 Abgeordnete der Nationalversammlung stimmten für das sogenannte Separatismus-Gesetz, 151 dagegen und 65 enthielten sich.
Die Partei des französischen Präsidenten Emmanuel Macron hatte sich zuvor für das umstrittene Gesetz stark gemacht. Neben Macrons Regierungspartei La Republique En Marche (LREM) stimmten die Demokratische Bewegung (MoDem), die Agir-Partei und die Union der Demokraten und Unabhängigen (UDI) für den „Separatismus“-Gesetzentwurf, während die Mitte-Rechts-Republikaner (LR) und die linkspopulistische Partei La France Insoumise (LFI) dagegen waren.
Die Abgeordneten der Mitte-Links-Partei (PS) und der Kommunistischen Partei Frankreichs (PCF) enthielten sich der Stimme.
Medienberichten zufolge lehnte die Partei LR das Gesetz ab, weil es nicht weit genug gehe. Bruno Retailleau, der den Posten des Fraktionsvorsitzenden im Senat innehat, sagte in einer Erklärung, dass der Begriff „islamistischer Separatismus“ und ein Verbot von muslimischen Kopftüchern an öffentlichen Orten in den Gesetzentwurf hätte aufgenommen werden müssen.
2022 wird in Frankreich die nächste Präsidentschaftswahl stattfinden. Der Islam und die französischen Muslime sind ein zentraler Punkt in den kommenden Wahlen. Dabei verspricht Macrons Partei ein härteres Vorgehen gegen Extremisten. Kritiker sprechen dabei von Populismus. Die Gesetze der Macron-Regierung würden dabei auf Muslime und den Islam im Allgemeinen abzielen.
Muslime unter Generalverdacht
Der Gesetzentwurf wird am 30. März im Senat diskutiert und soll nach einer Abstimmung in die Nationalversammlung zurückkehren.
Er ziele auf die muslimische Gemeinschaft ab und sehe Einschränkungen für fast jeden Aspekt ihres Lebens vor, so die Kritiker. Das Gesetz sieht Überwachungen in Moscheen und Eingriffe in die Verwaltung von zuständigen Verbänden sowie die Kontrolle der Finanzen von Vereinen und NGOs von Muslimen vor.
Des weiteren gehen mit dem Gesetz Einschränkungen bei den Bildungsmöglichkeiten der muslimischen Gemeinschaft einher. Familien sollen daran gehindert werden, ihre Kinder zuhause unterrichten zu lassen. Auch sollen Patienten Ärzte aufgrund ihres Geschlechts aus religiösen oder anderen Gründen nicht mehr auswählen dürfen. Zudem macht das Gesetz eine „Säkularismusausbildung“ für alle öffentlichen Bediensteten zur Pflicht.
Internationale Allianz reichte Petition beim OHCHR ein
Eine internationale Allianz aus 36 NGOs hatte vor kurzem eine Petition an das Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen (OHCHR) über die systematischen antimuslimischen Aktionen Frankreichs eingereicht. Insbesondere das umstrittene „Separatismus“-Gesetz war einer der Hauptkritikpunkte der NGOs.
Die Nichtregierungsorganisationen, Anwälte und religiöse Einrichtungen forderten das OHCHR auf, gegen Frankreichs „umfassende staatliche Übergriffe gegen Muslime“ vorzugehen, die in dem Land seit über zwei Jahrzehnten wüteten. Die Allianz wirft der französischen Regierung vor, „eine Reihe von Grundrechten zu verletzen, die durch die von Paris ratifizierte Gesetzgebung geschützt sind.“
Die Koalition der NGOs behauptet auch, dass die französische Regierung den Laizismus als Waffe benutze, um die Einmischung des Staates in die religiösen und politischen Praktiken von Muslimen zu rechtfertigen.
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