15 Jahre sind seit dem Mord an Marwa El-Sherbini vergangen. Am 1. Juli 2009 wurde Marwa El-Sherbini während einer Gerichtsverhandlung am Dresdner Landgericht aus rassistischen Motiven getötet. Nach diesem Vorfall wurde der 1. Juli zum Internationalen Tag gegen antimuslimischen Rassismus erklärt. Die symbolische Bedeutung dieses Tages ist groß; dennoch sind Rassismus und Diskriminierung gegenüber Muslimen in Deutschland weiterhin weit verbreitete Probleme. Das Gedenken am 1. Juli sollte nicht nur an vergangene tragische Ereignisse erinnern, sondern auch konkrete Schritte zur Verhinderung solcher Vorfälle fördern. Ein kürzlich von der CLAIM-Allianz veröffentlichter Bericht zeigt, dass der Rassismus gegen Muslime in Deutschland weiter zunimmt.
Besorgniserregende Ergebnisse für 2023
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) unterstützt die CLAIM-Allianz, die sich gegen Islamophobie und antimuslimischen Rassismus einsetzt und mit über 50 muslimischen und nicht-muslimischen Organisationen zusammenarbeitet. Laut dem Bericht der Allianz gab es im vergangenen Jahr in Deutschland einen erheblichen Anstieg antimuslimischer Vorfälle. Es wurden 1.926 Fälle registriert, mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr. Zu diesen Vorfällen gehörten vier Mordversuche sowie rund 90 Angriffe auf religiöse Stätten wie Moscheen und Friedhöfe. Besonders nach Beginn des Israel-Palästina-Konflikts am 7. Oktober 2023 stieg die Zahl der antimuslimischen Vorfälle deutlich an.
In Deutschland kommt es täglich zu durchschnittlich mehr als fünf islamfeindlichen Angriffen. Diese Angriffe reichen von Diskriminierung über verbale und physische Angriffe bis hin zu Sachbeschädigungen. 2023 wurden insgesamt 1.926 islamfeindliche Vorfälle gemeldet und bestätigt, die alle in Offline-Bereichen stattfanden. 2022 hatte diese Zahl noch bei 898 gelegen, was einem Anstieg von etwa 114 % entspricht. Dieser schnelle Anstieg zeigt, wie ernst das Problem des antimuslimischen Rassismus in Deutschland ist und dass dringend gesetzliche und sicherheitspolitische Maßnahmen ergriffen werden müssen. Menschen werden in Deutschland aufgrund ihres muslimischen Glaubens, ihrer Sprache, ihrer Namen, ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen Herkunft oder ihres Aussehens angegriffen.
Nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen europäischen Ländern nimmt die Muslimfeindlichkeit zu. Dies zeigt sich auch in den Wahlergebnissen der rechtsextremen Parteien bei den Wahlen zum Europäischen Parlament. In Frankreich wurde die Partei von Marine Le Pen bei den Europawahlen zur stärksten Kraft und gewann auch bei der gestrigen Wahl, wobei sie in der Stichwahl als Favoritin gilt.
Die Bedeutung von Bildung im Kampf gegen Rassismus
In Deutschland machen Politiker regelmäßig Aussagen zum Kampf gegen Rassismus. Beispielsweise teilte Bundeskanzler Olaf Scholz am 1. Juli letzten Jahres auf Twitter mit: „Rassismus ist leider eine Realität in unserem Land. Eine Realität, die wir gemeinsam überwinden müssen. Für rassistischen, antisemitischen oder antimuslimischen Hass darf kein Platz sein. Dafür setze ich mich ein, nicht nur heute am Tag gegen den antimuslimischen #Rassismus.” Solche Aussagen sind natürlich wichtig und positive Entwicklungen. Doch der Kampf gegen Rassismus und Muslimfeindlichkeit erfordert viele verschiedene Maßnahmen, und Politiker sind nur ein Teil davon. Der Kampf gegen Muslimfeindlichkeit kann nicht nur mit politischen Erklärungen geführt werden. An erster Stelle steht die Bildung.
Bildung ist eines der effektivsten Mittel zur Sensibilisierung der Gesellschaft und zum Abbau von Vorurteilen. In Deutschland mangelt es jedoch an ausreichenden Bildungsprogrammen im Kampf gegen Islamophobie und antimuslimischen Rassismus, obwohl Politiker häufig ihre Ablehnung von Rassismus betonen. In Schulen, Universitäten und Gemeindebildungszentren müssen Programme zur Bekämpfung von Islamophobie ausgeweitet werden.
Schülern sollte das Bewusstsein für den Respekt vor verschiedenen Religionen und Kulturen vermittelt und die Beiträge von Muslimen zur Gesellschaft hervorgehoben werden. Zu diesem Zweck sollten Fortbildungsseminare für Lehrer zu den Themen Islamophobie und Diskriminierung angeboten und regelmäßige Aufklärungsarbeiten in den Schulen durchgeführt werden. Darüber hinaus sollten durch Medienkampagnen, die breite Bevölkerungsschichten ansprechen, die Probleme muslimischer Gemeinschaften der Öffentlichkeit wirksamer vermittelt werden.
Rolle und Verantwortung der Medien
Ein weiteres wichtiges Mittel im Kampf gegen Rassismus sind die Medien. Medien sind eines der mächtigsten Instrumente zur Beeinflussung der öffentlichen Wahrnehmung. In Deutschland verstärken die Medien manchmal islamophobe Rhetorik und muslimfeindliche Vorurteile durch ihre Berichterstattung. Dies vertieft die Diskriminierung, der muslimische Gemeinschaften ausgesetzt sind. Medienunternehmen sollten ihre Redaktionsrichtlinien überprüfen und verantwortungsbewusster über Islamophobie berichten.
Medienmitarbeiter sollten in den Themen Islamophobie und Diskriminierung geschult werden und Nachrichten machen, die die Beiträge und Erfolge von Muslimen in der Gesellschaft hervorheben. Dies wird dazu beitragen, positive Wahrnehmungen in der Gesellschaft zu schaffen und muslimfeindliche Vorurteile abzubauen. Medien können eine wichtige Rolle im Kampf gegen Islamophobie spielen, indem sie die Gesellschaft korrekt informieren und Vorurteile abbauen.
Notwendigkeit rechtlicher und sicherheitspolitischer Maßnahmen
Ein weiteres wichtiges Thema ist, ob Angriffe auf Muslime und Hassreden angemessen bestraft werden. Opfer des antimuslimischen Rassismus beklagen häufig, dass die Täter nicht ausreichend bestraft werden und die Strafen nicht abschreckend genug sind. Zur Lösung der Probleme von Islamophobie und antimuslimischem Rassismus in Deutschland müssen rechtliche und sicherheitspolitische Maßnahmen verstärkt werden. Wären die Strafen abschreckend, würden dann die Angriffe auf Muslime wie im Bericht von CLAIM jedes Jahr zunehmen?
Insbesondere in den sozialen Medien nehmen Hassreden gegen Muslime zu. Es müssen strengere gesetzliche Regelungen gegen Hassverbrechen getroffen und abschreckende Strafen gegen die Täter verhängt werden. Die Polizei sollte sich besonders auf den Kampf gegen Islamophobie in digitalen Medien konzentrieren. Außerdem sollten spezielle Programme zum Schutz und zur Unterstützung der Opfer erstellt werden, um ihnen zu helfen, die erlebten Traumata zu überwinden.
Diese Maßnahmen werden dazu beitragen, Islamophobie und antimuslimischen Rassismus in Deutschland zu verringern und eine gerechtere, gleichberechtigtere Gesellschaft aufzubauen. Das Gedenken am 1. Juli sollte nur ein Anfang sein und durch kontinuierliche und effektive Bemühungen das ganze Jahr über unterstützt werden.