14.12.2021, Sachsen, Leipzig: Ein Schild hängt über der Ditib Eyüp Sultan Moschee im Leipziger Osten. Die Moschee wurde am Abend des 13.12. beschädigt. (dpa)
Folgen

In Leipzig wurde während eines Aufmarschs von Linksextremisten eine Moschee der Türkisch-Islamischen Union (DITIB) angegriffen. Dabei wurden am Montagabend laut Polizeiangaben mindestens vier Fensterscheiben eingeschlagen. Über der Moschee befand sich das Wohnhaus des Imams, der dort mit seiner Familie lebt. Etwa 100 Vermummte seien randalierend durch die Straßen gezogen und hätten Mülleimer angezündet sowie Bengalo-Feuerwerk und Böller abgebrannt, so ein Behördensprecher. Der entstandene Sachschaden beläuft sich auf 30.000 Euro. Zwölf Personen wurden in Gewahrsam genommen. Angekündigt worden war der Aufmarsch als Demonstration gegen die Polizei, wie es hieß.

Ömer Mumcu: „Höchst traumatisierend“

Ömer Mumcu, Vorsitzender der Leipziger Eyüp-Sultan-Moschee, erklärte, der Angriff auf die Moschee und das Wohngebäude des Imams sei sowohl für den Religionsbeauftragten selbst als auch für seine Familie mit drei minderjährigen Kindern höchst traumatisierend gewesen. Die Moschee werde immer wieder von Extremisten angegriffen. Allerdings, so beklagte der Vorsitzende, würden die Ermittlungen zu den Übergriffen jedes Mal eingestellt.

Täglich drei Angriffe auf Muslime in Deutschland

Wie der DITIB-Bundesverband am Dienstag mitteilte, handelte es sich bereits um den achten Angriff auf die Eyüp-Sultan-Moschee in Leipzig innerhalb von fünf Jahren. Seit Anfang 2021 nahm die Antidiskriminierungsstelle der DITIB schon über 22 gewaltsame Moschee-Übergriffe in ihre Statistik auf. Auszugehen ist von einer deutlich höheren Dunkelziffer, weil längst nicht alles gemeldet oder publik gemacht wird. Laut Angaben des Mediendienstes Integration erfasste das Bundesinnenministerium (BMI) 2020 bundesweit 1.026 islamfeindliche Straftaten. 103 Angriffe richteten sich dabei gegen Moscheen, darunter vor allem Sachbeschädigungen und Volksverhetzungen. 48 Menschen wurden bei den Taten verletzt. 2019 wurden 884 islamfeindliche Straftaten und 107 tätliche Übergriffe auf Moscheen registriert. 2019 trugen 34 Menschen Verletzungen davon. Zwei Menschen verloren ihr Leben. In den meisten Fällen waren die Täter Rechtsextreme.

Bombendrohungen und versuchte Brandstiftung

Zuletzt gab es mehrere Bombendrohungen auf Moscheen der DITIB in Deutschland. Erst am 19. November hatte sich ein Vorfall an der Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld ereignet. Nach Erkenntnissen der Polizei soll ein Radfahrer gegen 4 Uhr am frühen Morgen auf einem Weg zwischen der Moschee und einer Sportanlage Benzin oder Diesel ausgeschüttet haben. Als Sicherheitsmitarbeiter die Person bemerkten und ansprachen, flüchtete der mutmaßliche Täter mit seinem Rad. Ein Brandanschlag wurde somit noch in letzter Minute abgewendet. Muslime fühlen sich durch derlei Zwischenfälle unsicherer in Deutschland.

Mahnungen muslimischer Vertreter

Abdurrahman Atasoy, Generalsekretär der DITIB, bewertete den neuerlichen Angriff auf die Leipziger Moschee wie folgt: „Jeder Moscheeübergriff ist einer zu viel. Darüber hinaus stellen wir bisweilen fest, dass tendenzielle ‚Hintergrundinfos‘ über den DITIB-Verband als unzulässige Erklärungs- und Rechtfertigungsversuche gedeutet werden können, die dazu geeignet sind, einer Feind-Markierung gleichzukommen.“ Denn mit Worten beginne, so Atasoy weiter, was sich dann in abscheulichen Übergriffen Bahn breche. Sowohl Deeskalation vor Ort als auch in der Sprache seien hier von besonderer Bedeutung. „Sicherheitsbehörden, Polizei und auch die Stadtgesellschaft stehen hier in der Verantwortung“, sagte der Generalsekretär der mit etwa 900 Moscheen zahlenmäßig größten islamischen Religionsgemeinschaft in Deutschland. Atasoy forderte des Weiteren, die Sicherheitsbedürfnisse der Moscheegemeinden und der Muslime tatsächlich ernst zu nehmen. Er ist nicht der einzige Vertreter der Muslime in Deutschland, der sich weitreichende Maßnahmen zum Schutz von Moscheen und Gläubigen wünscht. So forderte Aiman Mazyek als Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD) schon mehrmals ein Umdenken bei den Sicherheitsbehörden. Eine „Atmosphäre des Laissez-faire würde potenzielle Täter geradezu dazu animieren, Übergriffe und Anschläge zu verüben.“

Attacken von Linksextremisten dürfen nicht bagatellisiert werden

Der Angriff auf die Moschee in Leipzig und die anfänglichen Reaktionen führen uns vor Augen, dass die Gefahr für Muslime in Deutschland mittlerweile nicht nur von sogenannten Einzeltätern, Neo-Nazis und Rechtsradikalen ausgeht, sondern auch von Linksextremisten und deren verlängertem Arm in der Politik. So relativierten zwei Abgeordnete der Linken die Moscheeangriffe und hetzten weiterhin gegen den Trägerverein der Eyüp-Sultan-Moschee. Die Moscheegemeinde wird somit gewissermaßen zur Zielscheibe gemacht. Zudem wiederholen die Abgeordneten immer wieder Unwahrheiten, z.B. dass die Predigten aus der Türkei geschickt würden. Durch diese Argumentationsweise erklären die linksradikalen Politikerinnen die Täter quasi zu Anwälten der Gerechtigkeit. In der Öffentlichkeit entsteht das verzerrte Bild, der Schaden, den die Opfer erleiden mussten, wäre selbst verschuldet.

Begriff „Islam“ ist negativ konnotiert

Die andauernden Moscheeübergriffe stören nicht nur das Vertrauensverhältnis und das Sicherheitsgefühl in Deutschland. Die Statistiken verdeutlichen jedes Jahr aufs Neue, dass eine nachhaltige Sicherheitsstrategie vonnöten ist. Dazu zählen beispielsweise Schutzmaßnahmen wie vermehrte Polizeipräsenz oder gar Polizeischutz rund um die Uhr, wie man dies bereits von Synagogengemeinden kennt. Außerdem fehlt es an Sensibilisierungsmaßnahmen und glaubwürdigen Konsequenzen für die Täter. Zu oft werden die Ermittlungsverfahren eingestellt. Und: Islamfeindlichkeit wird in Deutschland immer noch zu sehr verharmlost. Dafür ist der Begriff „Islam“ nachgewiesenermaßen negativ konnotiert.

Meinungsbeiträge geben die Ansichten des jeweiligen Autors und nicht die der Redaktion wieder. Für Anfragen wenden Sie sich bitte an: meinung@trtdeutsch.com