Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) hat die Aufnahme von rund 1500 Flüchtlingen aus Griechenland in Deutschland begrüßt - sich jedoch über die Auswahlkriterien überrascht gezeigt. „Es handelt sich ja dabei um Menschen, die bereits einen Flüchtlingsstatus haben“, sagte UNHCR-Sprecher Chris Melzer. Dabei hätte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ausreichend Kapazitäten und Know-how gehabt, um Griechenland bei der Bearbeitung von Asylanträgen zu unterstützen. „Es wäre vielleicht sinnvoller gewesen, man hätte Menschen aufgenommen, die noch vor dem Asylverfahren stehen.“ Dennoch sei es ein positives Signal, so werde die Zahl der Menschen auf den Inseln verringert - was ohnehin im Moment die dringendste Aufgabe sei. „Die Camps auf den griechischen Inseln müssen entlastet werden, sie sind immer noch bis zu vierfach überbelegt“, sagte Melzer. „Selbst mit dem besten Management kann man die Menschen bei so einer Überbelegung nicht würdig unterbringen.“ Die griechische Regierung hatte in den vergangenen Monaten verstärkt Familien und besonders Schutzbedürftige aufs Festland geholt. Noch vor einem halben Jahr lebten beispielsweise im Lager Moria auf Lesbos rund 20.000 Bewohner - also sieben Mal so viele wie eigentlich vorgesehen. Die Bundesregierung hatte sich am Dienstag darauf verständigt, 1553 zusätzliche Flüchtlinge von fünf griechischen Inseln aufzunehmen. Es handelt sich dabei um 408 Familien mit Kindern, die in Griechenland als schutzbedürftig anerkannt wurden. Zuvor hatten Brände vergangene Woche das Flüchtlingslager Moria zerstört, mehr als 12.000 Menschen wurden obdachlos.
„Diesen Menschen muss geholfen werden“
Die Kritik an einer mutmaßlichen „Moria-Taktik“ teilt Melzer nicht. „Wenn in Moria Menschen Brände gelegt haben, dann einzelne. Wir können nicht alle 12.000 Bewohner unter Kollektivstrafe stellen.“ Gut die Hälfte der Menschen seien Frauen und Kinder. „Diesen Menschen muss geholfen werden“.
Griechische Politiker hatten zuletzt vor einer „Moria-Taktik“ gewarnt, wonach Feuer auch in anderen Flüchtlingslagern auf den Inseln Samos, Chios, Leros und Kos gelegt werden könnten - vor allem, wenn die Menschen von Lesbos nun aufs Festland oder nach Mittel- und Nordeuropa gebracht würden. Griechische Regierungsvertreter haben daher mehrfach betont, dass alle rund 12.000 Bewohner des abgebrannten Lagers Moria weiter vor Ort versorgt und nicht auf das Festland gebracht werden sollen.
Und wie soll es auf Lesbos weitergehen? Melzer sieht den aktuell diskutierten Bau eines europäischen Asylzentrums als erste gute Lösung. „Solch ein Zentrum muss modern sein und gut funktionieren, mit richtiger Infrastruktur und ausreichend Personal. Wir wollen zwar keine Schnellverfahren, aber schnelle Asylverfahren. Es kann nicht sein, dass die Menschen Monate oder zum Teil Jahre auf eine Entscheidung warten müssen.“ Liefe es schneller bei der Bearbeitung, könnten auch die Inseln zügiger entlastet werden.