Der Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus soll im Oktober konkrete Handlungsempfehlungen vorlegen. Das sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Mittwoch in Berlin. Bei der zweiten Sitzung des Ausschusses, dem neben Kanzlerin Angela Merkel (CDU) unter anderem Innenminister Horst Seehofer (CSU) angehört, wurden Vertreter von Migrantenorganisationen, Zivilgesellschaft und Wissenschaft angehört. „Die Überzeugung, dass sich etwas ändern muss, wurde sehr deutlich, vor allem bei Wissenschaft, Migrantenorganisationen und Zivilgesellschaft“, sagte Timo Reinfrank, der als Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung an dem Treffen im Kanzleramt teilnahm. Reinfrank erklärte, es brauche Strukturen, die sicherstellten, dass die Bundesregierung auch über Legislaturperioden hinweg an dem Thema arbeite. Ein strukturiertes Vorgehen innerhalb der Bundesregierung sei nötig, etwa der schon lange von Migrantenorganisationen geforderte Partizipationsrat Einwanderungsgesellschaft, der mit dem Ethikrat vergleichbar wäre und eine „Konzeption für Vielfalt und Respekt“, wie sie mehrere Länder bereits umgesetzt hätten. „Da tauschen sich alle Zweige der Verwaltung darüber aus, wie sie Extremismus und Rassismus bekämpfen und Vielfalt fördern können.“ Er betonte: „In der demokratischen Zivilgesellschaft passiert ganz viel, aber die Frage ist, wie das seinen Weg in die Verwaltung findet.“
Stark steigende Nachfrage bei Beratungsstellen gegen rassistische Diskriminierung
Der Kampf gegen Rassismus dürfe nicht auf Sicherheit und Migration verengt werden, verlangte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU). „Die Forderung der Migrantenorganisationen nach einer stärkeren institutionellen Bündelung der Asyl-, Migrations- und Integrationspolitik und der Rassismusbekämpfung ist nachvollziehbar und wird uns sicher auch mit Blick auf die nächste Legislaturperiode beschäftigen.“
Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) stellte zusätzliche Mittel für Forschung zu Rechtsextremismus und Rassismus in Aussicht. „Um Rechtsextremismus und Rassismus wirksam bekämpfen zu können, brauchen wir allerdings noch mehr Wissen über die Wurzeln, die aktuelle Verbreitung und die vielfältigen, nicht selten verdeckten Erscheinungsformen“, sagte sie. Reinfrank erklärte: „In der Sitzung wurde auch klar, dass wir eine gemeinsame Datengrundlage brauchen, auf der das Thema verhandelt wird. Wir brauchen mehr Forschung, gerade zu Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus in Behörden.“
Angesichts einer stark steigenden Nachfrage bei Beratungsstellen gegen rassistische Diskriminierung forderte die Antidiskriminierungsstelle des Bundes eine Stärkung. „Der Staat steht den Betroffenen gegenüber in der Bringschuld“, sagte der kommissarische Leiter Bernhard Franke. Der Staat müsse „sicherstellen, dass alle Menschen ohne Angst vor Diskriminierung und rassistischen Anfeindungen in Deutschland leben und gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilhaben können.“
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) gab am Mittwoch eine Änderung der Regeln für finanzielle Hilfen des Bundes für Opfer von extremistischen und terroristischen Taten bekannt. Diese können in schweren Fällen künftig auch Unterstützung für wirtschaftliche Schäden bekommen.