15.03.2022, Ukraine, Kiew: In diesem Bild aus einem vom Pressebüro des ukrainischen Präsidenten zur Verfügung gestellten Video spricht Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, während eines Treffens mit Ministerpräsidenten im Namen des Europäischen Rates in Kiew, Ukraine (dpa)
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Ein Ende der Kämpfe in der Ukraine ist weiter nicht in Sicht. Aus mehreren Städten der Ukraine wurde in der Nacht zu Mittwoch Alarm gemeldet. Die Verhandlungen zwischen Vertretern Russlands und der Ukraine über ein Ende des Krieges wurden auch am Dienstag vertagt, sie sollen am Mittwoch fortgesetzt werden.
Selenskyj: Positionen bei Verhandlungen klingen realistischer
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj äußerte sich zu den Gesprächen mit Russland vorsichtig optimistisch. Die Verhandlungspositionen hörten sich realistischer an, sagte er in einer in der Nacht zu Mittwoch veröffentlichten Videobotschaft. Bis die Ukraine zufrieden sein könne, dauere es aber noch. „Wir alle wollen so schnell wie möglich Frieden und Sieg“, meinte der Präsident. „Aber es braucht Mühe und Geduld. Es muss noch gekämpft und gearbeitet werden.“ Jeder Krieg ende mit einer Vereinbarung. „Die Treffen werden fortgesetzt.“
Ukraine: Russische Armee hat bis zu 40 Prozent der Einheiten verloren
Die russische Armee soll nach Angaben des ukrainischen Generalstabs bereits bis zu 40 Prozent der Einheiten verloren haben, die seit dem russischen Einmarsch am 24. Februar an Kämpfen beteiligt waren. Diese Truppen seien entweder vollständig zerschlagen worden oder hätten ihre Kampfkraft verloren, teilte der Generalstab in Kiew in der Nacht zu Mittwoch mit. Die Angaben können nicht unabhängig geprüft werden.
Die schlimmste Situation herrsche weiter in der Gegend um die umkämpfte Hafenstadt Mariupol, hieß es. Hier versuche die russische Armee, die Stadt am westlichen und östlichen Rand zu blockieren. Sie erleide dabei aber erhebliche Verluste. Am Dienstag konnten sich nach Behördenangaben etwa 20.000 Menschen aus der von russischen Truppen eingeschlossenen Stadt in Sicherheit bringen.
In der Region Odessa sei die Küste von russischen Schiffen beschossen worden, teilte der Berater des Innenministeriums, Anton Heraschtschenko, mit. Es habe aber keinen Landungsversuch gegeben.
„Ihr seid nicht allein“: EU-Regierungschefs treffen Selenskyj in Kiew
Die Regierungschefs von Polen, Tschechien und Slowenien sagten Selenskyj bei einem Treffen im umkämpften Kiew Solidarität und Unterstützung zu. „Hier, im vom Krieg zerrissenen Kiew, wird Geschichte geschrieben“, betonte der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki. „Hier kämpft die Freiheit gegen die Welt der Tyrannei. Hier hängt die Zukunft von uns allen in der Schwebe“, teilte er per Twitter mit.
Selenskyj bezeichnete den Besuch nach ukrainischen Medienberichten als großen und mutigen Schritt. In einer Zeit, in der viele ausländische Botschaften wegen des russischen Einmarschs die Ukraine verlassen hätten, würden „diese Führer unabhängiger europäischer Staaten“ zeigen, dass sie keine Angst hätten. „Sie sind hier, um uns zu unterstützen. Ich bin sicher, dass wir mit solchen Freunden, mit solchen Ländern, Nachbarn und Partnern wirklich gewinnen können.“
Die Politiker aus Polen, Tschechien und Slowenien waren mit einem Zug nach Kiew gereist. Der Besuch war nach Darstellung eines polnischen Regierungssprechers unter strengster Geheimhaltung in Absprache mit EU und Nato geplant worden. Für Mittwochvormittag kündigte Fiala ein Briefing auf dem Militärflugplatz Prag-Kbely an.
Ukraine-Botschafter: Schröder-Vermittlung „endgültig erledigt“
Der ukrainische Botschafter in Deutschland erklärte die Vermittlungsbemühungen von Altkanzler Gerhard Schröder im Ukraine-Krieg für gescheitert. „Die Sache ist für uns endgültig erledigt“, sagte Botschafter Andrij Melnyk der Deutschen Presse-Agentur. „Für die Ukraine machen weitere Gespräche Schröders gar keinen Sinn. Es ist schon traurig zu beobachten, wie die ganze Sache schief gelaufen ist.“ Schröder war vergangene Woche Mittwoch von Istanbul aus nach Moskau gereist, wo er nach dpa-Informationen am Donnerstag mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin sprach.
Das wird am Mittwoch wichtig
In der Nato wird nach Russlands Angriff auf die Ukraine eine signifikante und dauerhafte Verstärkung der Ostflanke erwogen. Bei einem Verteidigungsministertreffen am Mittwoch solle eine Diskussion über die längerfristige Stärkung der Sicherheit in allen Bereichen begonnen werden, erklärte Generalsekretär Jens Stoltenberg.
Erstmals seit der russischen Invasion in die Ukraine wird ein internationales Gericht ein Urteil über den Angriff fällen. Das höchste Gericht der Vereinten Nationen in Den Haag entscheidet am Mittwoch über die Dringlichkeitsklage der Ukraine gegen den Nachbarstaat.
Der Europarat bereitet wegen des Ukraine-Kriegs einen Ausschluss Russlands vor. Die Parlamentarische Versammlung des Europarats stimmte nach einer Dringlichkeitssitzung am Dienstagabend in Straßburg für einen Ausschluss Russlands. Zur Vorbereitung des Ausschlusses will das Ministerkomitee an diesem Mittwoch zu einer Sondersitzung zusammenkommen.
Auch die internationalen Bemühungen für ein Ende der Kämpfe gehen weiter: Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu reist nach Moskau, der polnische Präsident Andrzej Duda in die Türkei. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj selbst hält vor dem US-Kongress eine Rede per Videoübertragung.

dpa