Die Konfrontation in Russland zwischen der Führung des Landes und den Wagner-Söldnern hat weltweit große Aufmerksamkeit erregt. In Berlin tagte am Samstag der Krisenstab der Bundesregierung. Kanzler Olaf Scholz (SPD) ließ sich „laufend“ über die Ereignisse informieren und telefonierte mit US-Präsident Joe Biden. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) beriet sich mit ihren G7-Kolleginnen und Kollegen. Das Auswärtige Amt riet von Aufenthalten im Moskauer Stadtzentrum ab.
„Die Entwicklungen in Russland beobachten wir seit gestern Abend sehr aufmerksam“, erklärte Baerbock im Kurzbotschaftendienst Twitter. Deutschland stehe „in engstem Austausch dazu mit unseren internationalen Partnern“. Das Bundesverteidigungsministerium erklärte auf Twitter ebenfalls, Ressort-Chef Boris Pistorius (SPD) lasse sich „fortlaufend über die Ereignisse in Russland informieren“. Am Abend sei er zu einer Lagebesprechung ins Ministerium gekommen.
Ein Regierungssprecher betonte, die Lage in Russland sei „recht dynamisch“. Deutschland koordiniere sich mit seinen engsten Verbündeten. Am Abend informierte Regierungssprecher Steffen Hebestreit über ein Telefonat des Kanzlers mit US-Präsident Biden, Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und dem britischen Premierminister Rishi Sunak. Anlässlich ihres Austauschs über die aktuelle Lage in Russland hätten die Verbündeten erneut zugesichert, „die Ukraine weiter so lange wie nötig zu unterstützen“.
Die russische Regierung warnte den Westen davor, aus dem Aufstand der Wagner-Söldner Profit schlagen zu wollen. Alle Versuche der westlichen Länder, ihre „russlandfeindlichen Ziele zu erreichen", wären „nichtig“, erklärte das Außenministerium in Moskau.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell informierte auf Twitter über einen „Meinungsaustausch“ der G7-Partner, an dem auch Baerbock teilnahm. Details wurden nicht bekannt. EU-Ratspräsident Charles Michel erklärte, er stehe mit den europäischen Staats- und Regierungschef in Kontakt und auch den G7-Partnerländern, zu denen die USA, Kanada und Japan gehören.
Deutsche Regierungssprecherin kommentiert Putins Vergleich mit 1917
Die deutsche Vize-Regierungssprecherin Christiane Hoffmann schrieb auf Twitter, es sei „sehr interessant“, dass Russlands Präsident Wladimir Putin die Lage „mit 1917“ verglichen habe, dem „Vorabend der Revolution“ in Russland. Tatsächlich betonte der Kreml-Chef in einer Ansprache am Samstag mit Blick auf die Zeit des Ersten Weltkriegs, er werde einen Bürgerkrieg in Russland nicht zulassen.
Am Freitagabend war der seit langem schwelende Machtkampf zwischen dem russischen Söldnerführer Jewgeni Prigoschin und der russischen Militärführung eskaliert. Kämpfer von Prigoschins Söldnertruppe Wagner marschierten von der Ukraine aus nach Russland ein und übernahmen am Samstag nach eigenen Angaben die Kontrolle über Militäreinrichtungen im südrussischen Rostow. Aus der russischen Region Woronesch rund 600 Kilometer südlich von Moskau wurden von der Regionalregierung Kampfhandlungen gemeldet.
Prigoschin gab später überraschend bekannt, dass seine Kämpfer sich zurückziehen würden. Laut Informationen aus Minsk wurde der Wagner-Chef durch das Zutun des belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko zum Einlenken bewegt.
Die Rebellion der Wagner-Truppe hatte den Tag über für große Verunsicherung gesorgt. Deutsche Staatsangehörige in Russland sollten „unbedingt unsere angepassten Reise- und Sicherheitshinweise beachten“, schrieb Außenministerin Baerbock auf Twitter. „In Moskau sollten staatliche, insbesondere militärische Einrichtungen weiträumig umgangen werden“, heißt es in den Hinweisen. „Das Stadtzentrum sollte bis auf Weiteres gemieden werden.“
„Auf Grund aktueller Ereignisse“ sollten schon bisher von einer Teilreisewarnung betroffene „Verwaltungsgebiete und insbesondere die Stadt Rostow sowie das Umland gemieden werden“, heißt es in den Reisehinweisen weiter. Die Teilreisewarnung umfasst die an die Ukraine grenzenden Verwaltungsgebiete Belgorod, Kursk, Brjansk, Woronesch, Krasnodar und Rostow.