Wiener Neustadt (dpa) - Die rechte FPÖ in Österreich stellt am Samstag wichtige Weichen. Auf einem außerordentlichen Bundesparteitag in Wiener Neustadt soll der FPÖ-Fraktionschef Herbert Kickl zum neuen Parteichef gewählt werden. Der 52-Jährige gilt als langjähriger Chefdenker der Rechtspopulisten und ist für seine besonders scharfe Rhetorik bekannt. Zuletzt stellte er sich an die Seite der Gegner der Corona-Maßnahmen. Kickl würde Norbert Hofer nachfolgen. Hofer hatte versucht, zumindest durch konzilianteres Auftreten die Partei auch für Wechselwähler attraktiv zu machen. Er war mit Blick auf wiederholte Auseinandersetzungen mit Kickl jüngst zurückgetreten.
Identitäre - eine „rechte NGO“? Kickl ist auch in den Reihen der FPÖ nicht unumstritten. Vereinzelt traten Mitglieder aus der Partei nach der Nominierung des 52-Jährigen aus. Mit seinen verbalen Attacken gegen Migranten und gegen den Islam spricht Kickl zwar die Kern-Klientel der FPÖ an, kann aber nach Meinung vieler Beobachter kaum Anhänger anderer Parteien für die Rechtpopulisten gewinnen. Jüngst bescheinigte Kickl der rechtsextremen Identitären Bewegung unterstützenswerte politische Ansätze. Die Gruppierung sei so etwas wie eine rechte Nichtregierungsorganisation, so der designierte Parteichef.
Umfragewerte immer noch deutlich unter Prä-„Ibiza“-Niveau
Sollte Kickl zum Parteichef gewählt werden, scheinen zunächst alle Chancen der FPÖ auf eine Regierungsbeteiligung zu schwinden. Eine Neuauflage der ÖVP-FPÖ-Koalition gilt auch wegen der tiefen Kluft zwischen Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Kickl als ausgeschlossen. Alle anderen Parteien wollen ohnehin nicht mit den Rechtspopulisten paktieren. In Umfragen kommt die FPÖ derzeit auf etwa 16 Prozent.
Die FPÖ war von 2017 bis 2019 in einer Koalition mit der konservativen ÖVP unter Kurz. Das Bündnis zerbrach an der Ibiza-Affäre, in der Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache anfällig für Korruption wirkte. Die FPÖ gehört seit Jahrzehnten zur politischen Landschaft in Österreich mit teils hoher Zustimmung bei Wahlen. International bekannt wurde sie vor allem durch die Auftritte des 2008 tödlich verunglückten Parteichefs Jörg Haider, der von 1986 bis 2000 an der Spitze der FPÖ stand.