Der Migrationsexperte Gerald Knaus hält die geplante EU-Asylreform nicht für zielführend. „Alle Staaten, die das verhandelt haben, schauen sich das jetzt genau an und werden erkennen, dass es ihnen nichts nützt, und zwar weder Deutschland noch Italien, weder Griechenland noch Polen“, sagte der Österreicher am Freitagabend im ZDF-„heute journal“. „Wir brauchen wirklich etwas Besseres, und das brauchen wir so schnell wie möglich, um das Sterben im Mittelmeer zu beenden.“
Die EU-Innenminister hatten Pläne für eine weitreichende Asylreform beschlossen. Vorgesehen sind zahlreiche Verschärfungen, um illegale Migration zu begrenzen. Menschen aus Ländern, die als relativ sicher gelten, sollen künftig nach einem Grenzübertritt unter haftähnlichen Bedingungen in streng kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen kommen. Dort würde dann im Normalfall innerhalb von zwölf Wochen geprüft werden, ob der Antragsteller Chancen auf Asyl hat. Wenn nicht, soll er umgehend zurückgeschickt werden. Die Pläne sind noch nicht final - sie werden mit dem EU-Parlament weiter verhandelt.
Forderung nach mehr Ressourcen für das Migrationsmanagement
Knaus kritisierte, wenn es verpflichtende Verfahren an der EU-Außengrenze gebe, dann wisse zum Beispiel Italien immer noch nicht, was mit den Menschen passieren solle nach Abschluss des Verfahrens. „Italien wird also diese Grenzverfahren mit großer Wahrscheinlichkeit gar nicht machen“, sagte Knaus. Die Frage zügiger, qualitätsvoller Verfahren sei auch immer eine Frage der Ressourcen: „Wie viele Übersetzer gibt es und wie viele Menschen stellen einen Antrag?“ Und diese Ressourcen fehlten wahrscheinlich auch in Zukunft.
Knaus plädierte dafür, Menschen, die Familienmitglieder etwa in Deutschland hätten, legale Wege der Einreise zu ermöglichen. Andererseits müsse man Menschen, die aus anderen Gründen einreisen wollten, aber nicht schutzbedürftig seien, entmutigen, sich auf den Weg zu machen. „Und da braucht man Maßnahmen mit Rückführungen in sichere Staaten durch Migrationsdiplomatie“, sagte Knaus.
Am Mittwoch war ein völlig überfülltes Boot mit Migranten vor der griechischen Küste gesunken. Nach bisherigen Berichten lehnten die Leute an Bord ein Hilfsangebot durch die griechische Küstenwache ab, weil sie nach Italien wollten. Die UN-Organisationen schätzen nach Angaben von Überlebenden, dass zwischen 300 und 750 Menschen an Bord waren. Zunächst wurden nur 104 gerettet und 78 Leichen geborgen.