Symbolbild. 31. August 2021, Afghanistan, Kabul: Kämpfer der Spezialeinheit der Taliban treffen nach dem Abzug der US-Truppen auf dem Flughafen Kabul ein. Viereinhalb Monate nach der Machtübernahme der Taliban Mitte August warten noch rund 20 000 Afghaninnen und Afghanen auf eine Möglichkeit zur Einreise nach Deutschland. (dpa)
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Viereinhalb Monate nach der Machtübernahme der Taliban Mitte August warten noch rund 20.000 Afghaninnen und Afghanen auf eine Möglichkeit zur Einreise nach Deutschland. Das teilte das Bundesinnenministerium der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage mit.

Die Zahlen fluktuieren, weil frühere Ortskräfte, die sich in ihrer Heimat bedroht sehen, sich weiterhin an deutsche Behörden wenden oder auch Angehörige nachmelden können. Zudem ist auch möglich, dass manche Betroffene sich bereits in einem anderen Land außerhalb Afghanistans aufhalten.
Die größte Gruppe unter den Eingereisten machten mit Stand vom 27. Dezember nach Auskunft des Bundesinnenministeriums sogenannte Ortskräfte und ihre Angehörigen aus. Seit dem 16. August sind demnach 1348 frühere Ortskräfte und ihre Angehörigen nach Deutschland gekommen, insgesamt 5437 Menschen. Ortskräfte arbeiteten zum Beispiel für das Bundesentwicklungsministerium oder die Bundeswehr als Übersetzer und müssen nun Verfolgung durch die militant-islamistischen Taliban fürchten.
Auch Menschenrechtler, Künstler, Wissenschaftler, Journalisten oder andere Menschen, die die Bundesregierung als besonders gefährdet einstuft, warten noch auf ihre Einreise. Aus dieser Gruppe sind bis Ende Dezember 466 Menschen nach Deutschland gekommen, inklusive Angehöriger waren es 1462 Personen. Betroffene leben in Angst und Unsicherheit
Die Linken-Abgeordnete Gökay Akbulut bezeichnete den Stand der Aufnahmen als „absolut unzureichend“. „Die Betroffenen leben in größter Angst und Unsicherheit in Afghanistan.“ Sie verwies auf einen Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) von Ende November, wonach die Taliban seit ihrer Machtübernahme alleine in vier Provinzen Afghanistans mehr als 100 ehemalige Soldaten, Polizisten oder Geheimdienstler hingerichtet oder verschwinden haben lassen. „Die neue Außenministerin steht hier in der Pflicht, unkompliziert und schnell zu helfen“, erklärte Akbulut in Richtung Annalena Baerbock (Grüne).
Die neue Bundesregierung will die Evakuierung besonders schutzbedürftiger Menschen aus Afghanistan beschleunigen, wie Bundesaußenministerin Baerbock angekündigt hat. Das Auswärtige Amt hat bislang 670 Menschen mit einer Aufnahmezusage für Deutschland mit zwei eigenen Charterflügen aus Kabul evakuiert. „Weitere Charterflüge direkt aus Kabul konnten aufgrund von Widerständen durch die Taliban vorerst nicht erfolgen“, hieß es aus dem Außenamt. Vor diesem Problem stünden auch andere Staaten. „Wir arbeiten intensiv an einer Wiederaufnahme dieser Flüge.“ Weitere 430 Menschen hätten mit Flügen ausreisen können, die von Katar organisiert wurden. „Daneben hat die Bundesregierung Ausreisen aus Afghanistan auf Linienflügen organisiert. Weitere Menschen konnten auf einem Flug einer Nichtregierungsorganisation ausreisen.“
Aus dem pakistanischen Islamabad gab es laut Auswärtigem Amt 18 Charterflüge für die Weiterreise nach Deutschland, den jüngsten davon am Donnerstag. Auf diesem Weg hätten rund 3800 Afghaninnen und Afghanen mit Aufnahmezusagen einreisen können, also Ortskräfte und Menschen auf der Menschenrechtsliste des Außenamts sowie jeweils deren Angehörige. Seit der Machtübernahme der Taliban seien an deutschen Auslandsvertretungen in der Region mehr als 5900 Visa für Afghanen erteilt worden.
SPD, Grüne und FDP haben sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, das Verfahren zur Aufnahme von Ortskräften so zu reformieren, dass gefährdete frühere Mitarbeiter und ihre engsten Angehörigen unbürokratisch in Sicherheit kommen. „Wir werden unsere Verbündeten nicht zurücklassen. Wir wollen diejenigen besonders schützen, die der Bundesrepublik Deutschland im Ausland als Partner zur Seite standen und sich für Demokratie und gesellschaftliche Weiterentwicklung eingesetzt haben“, heißt es dort.

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dpa