Russland führt medizinische Zwangsuntersuchungen für Deutsche und andere Ausländer ein. Die Regelung tritt an diesem Mittwoch in Kraft. Das russische Außenministerium in Moskau teilte auf Anfrage von Korrespondenten mit, sich um „günstige Bedingungen“ für Medienvertreter und deren Familien kümmern zu wollen. Das Gesetz schreibt demnach ab dem kommenden Frühjahr aufwendige medizinische Checks alle drei Monate vor. Dazu zählen neben einer Blutentnahme auch Röntgenuntersuchungen oder CT-Aufnahmen.
Deutsche Unternehmen wandern aus Russland ab
Die Deutsch-Russische Auslandshandelskammer (AHK) hat bereits vor Konsequenzen für die russische Wirtschaft gewarnt, sollte die neue Regelung tatsächlich konsequent umgesetzt werden. Wenn Wirtschaftsvertreter betroffen sein sollten, bestehe die Gefahr, „dass sich für Russland wichtige ausländische Manager im großen Stil von Russland abwenden“. Die Kammer hatte im Dezember in einem Brief die russische Regierung aufgefordert, das Gesetz abzuschwächen.
Die Zahl der deutschen Unternehmen in Russland ist AHK zufolge im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr um acht Prozent zurückgegangen. Derzeit seien noch 3651 Unternehmen mit deutschem Kapital in Russland aktiv. Ein klarer Rückgang: 2011 betrug die Zahl 6300. Demnach sind etwa 42 Prozent der Unternehmen in den letzten zehn Jahren abgewandert.
Auch andere ausländische Wirtschaftsverbände haben das neue Gesetz als investitionsschädigend kritisiert. Die US-Botschaft in Moskau bezeichnete die neue Regelung als „fremdenfeindlich“.
Bei Verweigerung Entzug der Arbeitserlaubnis
Ausländer müssen sich dem Gesetz zufolge etwa auf Tuberkulose, Drogenkonsum, Syphilis und HIV untersuchen lassen. Die Ergebnisse der Untersuchung müssen laut AHK der russischen Migrationsbehörde übermittelt werden. Verpflichtend sind demnach auch Fingerabdrücke. Wer sich weigere, riskiere den Entzug seiner Arbeitserlaubnis. Die Zeitung „Nowaja Gaseta“ stellte in einem Bericht über die Reform die Frage: „Geht es hierbei um die Gesundheit der Gesellschaft oder handelt es sich um Diskriminierung?“ Die russischen Behörden argumentieren, das neue Verfahren verbessere die Gesundheitslage im flächenmäßig größten Land der Erde.
Organisation der Zwangsuntersuchungen noch unklar
Ausländer etwa aus der EU befürchten angesichts des im Vergleich zum Westen weniger gut ausgestatteten Gesundheitswesens nicht nur mögliche Behandlungsfehler, sondern auch eine unnötige Strahlenbelastung durch die geplanten Röntgenuntersuchungen. Unklar war zunächst, was passiert, wenn jemand krank ist - ob Betroffene dann etwa das Land verlassen müssen.
Unklar ist auch, wie angesichts der hohen Belastung durch die Corona-Pandemie die Zwangsuntersuchungen sicher organisiert werden. Zudem gilt der Datenschutz in Russland als löchrig. Immer wieder gelangen große Mengen persönlicher Daten in den freien Verkehr.