Forscher aus Singapur haben einen möglichen Zusammenhang zwischen staatlichen Verboten der Gesichtsverhüllung und Extremismus untersucht. Ihre Erkenntnisse lassen erkennen, dass paternalistische Eingriffe in religiöse Rechte das Gegenteil von dem erreichten, was sie zu bezwecken vorgäben.
Verhüllungsverbote führten demnach nicht zu weniger, sondern zu mehr Extremismus und zu einer Zunahme gewalttätiger Angriffe durch Extremisten. Auf entsprechende Studien verwies Nilay Saiya, ein Senior Fellow am Religious Freedom Institute und Assistenzprofessor für Public Policy und Global Affairs an der Nanyang Technological University in Singapur, am Montag im Gespräch mit TRT World.
„Für Staaten, die das Tragen der Burka verbieten, bedeutet das, dass sie die Religionsfreiheit und die Handlungsfähigkeit dieser Frauen verletzen. Wie viele Studien gezeigt haben, erzeugen Einschränkungen des religiösen Ausdrucks, wie Burka-Verbote, Missstände und machen den Griff zur Waffe wahrscheinlicher“, so Saiya. Er war 2019 selbst Co-Autor einer Untersuchung, die Zusammenhänge zwischen Burka-Verboten und Terrorismus in Europa zum Gegenstand hatte.
Mit einigem Befremden hatten die Forscher im Zuge ihrer Auswertungen festgestellt, dass Länder mit Schleierverboten fast 15 Mal mehr Fälle extremistischer Terroranschläge und 17 Mal mehr terrorismusbedingte Todesfälle erleben als Länder, die diese Verbote nicht haben. Bestes Beispiel dafür sei Frankreich, so Saiya. Wie bereits aus seiner eigenen, 2019 veröffentlichten Studie hervorgehe, sei ein eindeutiger Trend zur Radikalisierung seit dem dortigen Verhüllungsverbot zu bemerken. Eine sichtbare Konfrontationspolitik des Staates gegenüber religiösen Gemeinschaften bewirke demnach umso heftigere Formen der Reaktanz.
Religiöse Kleidung spiele in vielen religiösen Traditionen eine zentrale Rolle, so Saiya, neben dem Islam auch im Judentum und im Sikhismus. Viele Frauen, die eine Gesichtsverhüllung trügen, würden darin eine Möglichkeit sehen, ihre Unterwerfung unter Gott zu demonstrieren. Zudem sei die religiöse Kleidung auch eine stetige Erinnerung daran, an religiösen Überzeugungen festzuhalten, wie etwa ehrlich gegenüber den Mitmenschen und großzügig gegenüber den Bedürftigen zu sein.
In Europa war Frankreich das erste Land, das den Gesichtsschleier an öffentlichen Plätzen verbot. In den darauffolgenden Jahren folgten Belgien, Bulgarien, Österreich, Dänemark und die Niederlande mit ihren eigenen Beschränkungen bezüglich der Verhüllung. Im vergangenen Monat stimmte die Schweiz dafür, muslimischen Frauen das Tragen islamischer Gesichtsverschleierungen in der Öffentlichkeit zu verbieten.