27.10.2022, Athen, Griechenland: Bundeskanzler Olaf Scholz (l, SPD) und Kyriakos Mitsotakis, Ministerpräsident von Griechenland, geben sich nach einer gemeinsamen Pressekonferenz die Hand. Scholz ist zu seinem Antrittsbesuch nach Griechenland gereist. (dpa)
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Griechenland will die ersten sechs im Zuge eines Ukraine-Ringtauschs gelieferten deutschen Marder-Schützenpanzer an der Grenze zu Türkiye stationieren. Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis kündigte am Donnerstag nach einem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Athen an, die Panzer würden zum griechisch-türkischen Grenzfluss Evros im Nordosten des Landes gebracht. „Unsere Streitkräfte gehen davon aus, dass sie dort am nützlichsten sind.“ Scholz betonte, es stehe Griechenland frei, die Schützenpanzer zu stationieren, wo es wolle. „Wir haben die Marder an Griechenland geliefert und da gibt es keine tägliche Meldung, wo die stehen. Wir fragen auch nicht nach.“ Griechenland sei ein sehr respektvoller NATO-Partner, mit dem man in vielen Feldern zusammenarbeite. Den Umgang mit gelieferten Waffen nachzufragen, wäre eine „sehr merkwürdige Vorgehensweise“, sagte Scholz. Scholz stellte sich bereits vor Besuch auf die Seite Griechenlands Zwischen Griechenland und Türkiye gibt es massive Spannungen, bei denen es auch um eine vertraglich geregelte Entmilitarisierung von griechischen Inseln im Mittelmeer geht. Türkiye fordert deshalb die Entwaffnung der Inseln und droht mit Gegenmaßnahmen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte in den vergangenen Wochen auf die griechischen Drohungen und Aufrüstungen mehrfach mit dem Satz geantwortet: „Wir könnten plötzlich eines Nachts kommen.“ Der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner hatte kürzlich zu den türkischen Erklärungen gegenüber Griechenland gesagt, Berlin habe „immer klar gemacht“, dass es nichts von „unfreundlichen Äußerungen gegenüber Nachbarn“ halte. Man dürfe aber „auch nicht über jeden Satz lange diskutieren, der da fällt“. Auch Scholz nahm Griechenland bereits vor dem Treffen mit Mitsotakis in einem Interview mit der griechischen Zeitung „Ta Nea“ in Schutz.

Auch Baerbock stellte sich bedingungslos auf die Seite von Athen

Der Streit zwischen Griechenland und Türkiye dürfte zu den Hauptthemen des Gesprächs zwischen Scholz und Mitsotakis zählen. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte sich bereits im Juli bei einem Doppelbesuch in Athen und Ankara klar auf die Seite Griechenlands gestellt und damit die türkische Regierung gegen sich aufgebracht.

Dafür wurde Baerbock anschließend von ihrem türkischen Amtskollegen Mevlüt Çavuşoğlu scharf kritisiert. In dem Streit geht es auch um Erdgasvorkommen im östlichen Mittelmeer und Griechenlands Forderungen nach größeren See- und Luftgrenzen.

Scholz bei Live-Gespräch weniger deutlich In der Pressekonferenz mit Mitsotakis positionierte sich Scholz nicht so deutlich, verwies aber auf seine Interview-Äußerungen. Der Kanzler betonte, gute nachbarschaftliche Beziehungen zwischen Griechenland und Türkiye seien auch für Europa und die transatlantischen Beziehungen von Bedeutung. Deswegen sei er sicher, dass Konflikte „immer im Dialog auf der Grundlage des Völkerrechts gelöst werden“. In dem Interview bot Scholz auch eine deutsche Vermittlung in dem Streit an. Das gemeinsame Ziel sollte es sein, das wirtschaftliche Potenzial der östlichen Mittelmeer-Region „zum Wohle aller Länder“ auszuschöpfen, sagte er. „Sofern das von den Beteiligten als nützlich betrachtet wird, kann sich Deutschland hier einbringen.“ Marder-Panzer nach Parade zur Stationierung an die Grenze zu Türkiye Deutschland hatte vor wenigen Tagen die ersten sechs Marder-Panzer im Zuge eines Ringtauschs für die Unterstützung der Ukraine an Griechenland geliefert. Die Regierung in Athen hat sich verpflichtet, insgesamt 40 Schützenpanzer sowjetischer Bauart des Typs BMP-1 ins Kriegsgebiet zu schicken, die es einst aus DDR-Beständen erhalten hatte. Die griechischen Streitkräfte bekommen dafür 40 deutsche Marder.

Die ersten sechs sollen am Freitag - einem der beiden griechischen Nationalfeiertage - bei einer Parade in Thessaloniki präsentiert werden. Es wird erwartet, dass sie anschließend ins Grenzgebiet transportiert werden. Dort hat sich die griechische Bewaffnung in den vergangenen Jahren massiv verstärkt. Scholz weist griechische Reparationsforderungen zurück Einzig beim Thema Reparationen waren sich die Regierungschefs uneins. Deutschland hatte Griechenland am 6. April 1941 überfallen. Bis 1944 verübten SS und Wehrmacht dort zahlreiche Massaker. Zehntausende griechische Zivilisten kamen im Krieg ums Leben. Die griechische Regierung fordert weiterhin Entschädigung für die deutschen Kriegsverbrechen und Schäden. Das Thema sei immer noch nicht geregelt, sagte Mitsotakis. Das gelte vor allem für einen Zwangskredit, den die griechische Notenbank den Besatzern 1942 gewähren musste. Berlin lehnt die Forderungen Athens seit Jahren ab. Scholz sagte bereits in dem „Ta Nea“-Interview: Juristisch und politisch sei die Reparationsfrage abgeschlossen. Er versuchte zugleich die Griechen zu beschwichtigen: Er sei sehr dankbar dafür, dass „Griechen und Deutsche heute in Freundschaft und Partnerschaft in Europa vereint sind.“

TRT Deutsch und Agenturen