Steigender Hass: Dramatischer Anstieg antimuslimischer Übergriffe (Others)
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Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) unterstützt die CLAİM-Allianz, die mit 50 muslimischen und nicht-muslimischen Organisationen gegen Islamophobie und antimuslimischen Rassismus kämpft. Laut der Allianz ist die Zahl der antimuslimischen Vorfälle in Deutschland im vergangenen Jahr drastisch gestiegen. Der Bericht verzeichnete 1.926 Fälle, was mehr als eine Verdopplung im Vergleich zum Vorjahr darstellt. Darunter befinden sich vier Mordversuche sowie etwa 90 Angriffe auf religiöse Stätten wie Moscheen und Friedhöfe. Besonders nach Beginn des Palästina-Israel-Krieges am 7. Oktober 2023 nahm die Zahl der antimuslimischen Vorfälle signifikant zu.

Jahresbilanz für 2023 zeigt alarmierende Entwicklung

In Deutschland ereignen sich täglich durchschnittlich mehr als fünf islamophobe Angriffe. Diese reichen von Diskriminierung über verbale und physische Angriffe bis hin zu Sachbeschädigungen. 2023 wurden insgesamt 1.926 islamophobe Vorfälle gemeldet und bestätigt, die ausschließlich den Offline-Bereich betreffen. 2022 lag die Zahl bei 898 Fällen, was einem Anstieg von etwa 114 % entspricht. Diese rapide Zunahme zeigt, wie ernst das Problem der Islam- und Muslimfeindlichkeit in Deutschland ist und dass dringend rechtliche und sicherheitspolitische Maßnahmen ergriffen werden müssen. Menschen werden in Deutschland aufgrund ihres muslimischen Glaubens oder aufgrund ihrer Sprache, ihres Namens, ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen Herkunft oder ihres Aussehens angegriffen.

Muslimfeindlichkeit in Europa: Ursachen und Hintergründe

Sowohl politische Manipulation als auch Populismus tragen nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europäischen Ländern erheblich zur Zunahme des antimuslimischen Rassismus bei. In Deutschland nutzt die AfD, in Österreich die FPÖ, in den Niederlanden Wilders und in Frankreich Marine Le Pen die Muslimfeindlichkeit als professionelles politisches Diskursmittel. Solange die Hassreden der Rechtsextremen straflos bleiben und als Meinungsfreiheit angesehen werden, werden die Angriffe auf Muslime zunehmen. Straflose Handlungen und Aussagen werden in der Regel in ihrer Heftigkeit und Häufigkeit zunehmen.

Ein weiterer wichtiger Grund ist die einfache Organisation der Rechtsextremen über soziale Medien und Chat-Gruppen, in denen sie sich gegenseitig motivieren. Die Kommunikation in sozialen Medien und Chat-Räumen sollte im Rahmen der Kommunikations- und Nachrichtenfreiheit betrachtet werden, und daher ist eine Überwachung dieser Bereiche durch die Sicherheitskräfte nicht der richtige Ansatz. Gleichzeitig schaden Rechtsextreme, die sich in sozialen Medien organisieren und Hassreden verbreiten, dem gesellschaftlichen Frieden und der Demokratie. Hier sollten konkrete Maßnahmen auf EU-Ebene zur Bekämpfung extremistischer Gruppen und Hassreden in sozialen Medien ergriffen werden.

Modernisierungsverlierer-These: eine Erklärung für antimuslimischen Rassismus

Die von Hans-Georg Betz aufgestellte These der Modernisierungsverlierer erklärt ebenfalls wichtige Gründe für den antimuslimischen Rassismus. Laut dieser These führen wirtschaftliche Veränderung und zunehmende soziale Ungleichheit dazu, dass die fragileren Teile der Gesellschaft ihre hohen Standards verlieren und radikale und populistische Parteien unterstützen. Insbesondere nach der Aufnahme der osteuropäischen Länder in die EU im Jahr 2004 kam es zu erheblichen Einkommens- und Preisunterschieden zwischen den EU-Mitgliedstaaten. Arbeiter aus Osteuropa, die in fortgeschrittene Industrieländer wie Deutschland, Frankreich und die skandinavischen Länder ziehen, arbeiten dort zu niedrigeren Löhnen und schlechteren Standards, was den Arbeitsmarkt beeinflusst. Menschen, die in diesem Prozess ihr Einkommen, ihren Lebensstandard oder sogar ihren Job verlieren, wenden sich als Reaktion rechtsextremen Parteien zu. Infolgedessen sehen diese Menschen Muslime als Ursache ihrer Verluste, und rechtsextreme Führer sammeln mit solchen Aussagen leicht Anhänger.

Die Bildungslücke: Widerspruch in den Grundwerten

Ein weiteres Problem ist der Widerspruch, der in der Grundbildung auftritt. Entsprechend den Werten der EU werden in den Schulen Vielfalt, Multikulturalismus und Toleranz gelehrt, doch diese Konzepte scheinen nicht ausreichend verankert zu sein. Zum Beispiel erhielt die AfD bei den Europawahlen in Deutschland die meisten Stimmen in der Altersgruppe unter 25 Jahren. Im Vergleich zu 2019 hat die AfD ihre Stimmen in der Altersgruppe der 16-24-Jährigen verdreifacht. Während 2019 nur 5 % der AfD-Stimmen von jungen Menschen im Alter von 16-24 Jahren stammten, stieg dieser Anteil bei den Wahlen 2024 auf 16 %. Damit geht der Aufstieg der AfD Hand in Hand mit der Zunahme muslimfeindlicher Feindseligkeiten und Angriffe.

Lösungen und Maßnahmen

Der Kampf gegen antimuslimischen Rassismus und die Stärkung der Opfer sind von großer Bedeutung, doch noch wichtiger ist es, Rassismus zu beseitigen und sicherzustellen, dass es keine Opfer gibt. Trotz aller Maßnahmen könnten extremistische Gruppen ihre Angriffe fortsetzen. In solchen Fällen muss der Staat den Menschen im öffentlichen Raum, insbesondere den Muslimen, Schutz bieten. Antimuslimische Straftaten müssen von den Strafverfolgungsbehörden erfasst und bestraft werden, und es muss eine Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft erfolgen. Die Anerkennung von antimuslimischem Rassismus und die Schaffung einer gemeinsamen Definition für offizielle Verfahren sind ebenfalls wichtige Schritte. Darüber hinaus müssen Strukturen geschaffen werden, um antimuslimischen Rassismus sowohl offline als auch online bundesweit zu überwachen.

Eine weitere dauerhafte Lösung besteht darin, Schüler in Grund-, Mittel- und Oberschulen besser über die Arten von Rassismus, deren Schaden und die gesetzlichen Sanktionen aufzuklären. Menschen, die in jungen Jahren über Rassismus lernen und verstehen, dass Rassismus nicht nur ein Problem zwischen dem Rassisten und seinem Opfer ist, sondern das Wohl der gesamten Gesellschaft betrifft, werden weniger wahrscheinlich selbst Rassismus betreiben. Doch wird diese Bildung in deutschen und europäischen Schulen ausreichend vermittelt? Wäre dies der Fall, könnte die AfD ihre Stimmen unter den jungen Menschen verdreifachen? Strafen sind im Kampf gegen Rassismus wichtig, doch noch wichtiger ist es, die Menschen von klein auf zu erziehen.


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