NRW Landtag (dpa)
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Der Einstieg in das Wahljahr 2022 war für die CDU, milde ausgedrückt, ernüchternd. Bei den Landtagswahlen am 27. März im Saarland stürzten die Christdemokraten, die auch die Bundestagswahlen im September gegen den politischen Hauptrivalen SPD verloren hatten, regelrecht ab. Die CDU verlor mehr als zwölf Zähler und kam am Ende auf 28,5 Prozent der Stimmen. Die SPD konnte mit einem Plus von knapp 14 Prozent die absolute Mehrheit im neuen Drei-Parteien-Parlament sichern. Sie erreichte 43,5 Prozent. Alle anderen Parteien bis auf die AfD (5,7 Prozent) scheiterten an der Fünf-Prozent-Hürde. Besonders bitter für die Grünen: Ihnen fehlten zuletzt nur 23 Stimmen zum Einzug in den Landtag. Im 51-köpfigen Landtag kann seither die SPD mit ihren 29 Abgeordneten komfortabel und ganz allein regieren.

„Kleine Bundestagswahl“ im bevölkerungsreichsten Bundesland

Das schlechte Ergebnis der CDU im Saarland dürfte auch ein Vorbote für die kommende Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen (NRW) sein. Denn schon am 15. Mai, also in weniger als vier Wochen, darf das Wahlvolk zum nächsten Urnengang, diesmal im bevölkerungsreichsten Bundesland der Republik. Die Wahl in NRW wird deshalb oft auch als „kleine Bundestagswahl“ bezeichnet. Über 13 Millionen Wahlberechtigte sowie 785.900 Erstwähler sind dort stimmberechtigt.

Jamaika-Regierung, Ampel-Bündnis oder große Koalition möglich

Kann das bürgerliche Regierungslager, bestehend aus CDU und FDP, seine Mobilisierungsfähigkeit wie 2017 erneut unter Beweis stellen, oder wird die SPD die Hochburg der Sozialdemokratie im Westen zurückerobern können? Derzeit gehen die Demoskopen noch von einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen CDU und SPD aus. In den letzten Umfragen liegen beide großen Parteien bei etwa 30 Prozent. Zudem sagen die Meinungsforscher ein gutes Resultat für die Grünen, aber ein schwächeres für die FDP voraus. Die Freidemokraten liegen bei acht bis zehn Prozent.

Die Grünen hingegen liegen laut Schätzungen bei etwa 15 bis 18 Prozent. Bliebe es bei den jetzigen Prognosen, dürfte die Linke, wie bei den Landtagswahlen 2017, erneut den Einzug ins Landesparlament in Düsseldorf verpassen. Dagegen hat die AfD wieder gute Chancen, in den Landtag einzuziehen. Sie käme laut Umfragen auf ungefähr sechs bis sieben Prozent der Stimmen. Somit sind mehrere Regierungsbündnisse möglich: Für Schwarz-Gelb würde es gemäß den aktuellen Umfragen nicht mehr reichen. Möglich wären neben einer großen Koalition von CDU und SPD auch Dreierbündnisse beider Parteien jeweils mit Grünen oder FDP.

„Mallorca-Gate“ kostet CDU Vertrauen

In NRW dominiert derzeit die „Mallorca-Affäre“ den Wahlkampf. Umweltministerin Ursula Heinen-Esser musste bereits zurücktreten, weil sie während der Flutkatastrophe, die voriges Jahr in NRW 49 Menschen das Leben kostete, den Geburtstag ihres Mannes feierte, dies aber verschwieg und den Untersuchungsausschuss zur Flut auch nur häppchenweise informierte. Kritiker warfen der Ex-Ministerin daraufhin eine „Salamitaktik“ vor. Und: Es befanden sich bei der Feier auf der Urlaubsinsel noch drei weitere Regierungsmitglieder der CDU.

NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach und Europaminister Stephan Holthoff-Pförtner waren ebenso Gäste auf der Geburtstagsparty wie die damalige Integrationsstaatssekretärin, Serap Güler, die heute als Bundestagsabgeordnete in Berlin sitzt. Zudem fiel Europaminister Holthoff-Pförtner vor wenigen Tagen erneut negativ auf: Er zeigte wegen einer Bemerkung eines SPD-Abgeordneten diesem den Stinkefinger.

Die Vorbildfunktion des Ministers ist damit ziemlich ramponiert. Das Vertrauen in den Mandatsträger ist dahin. Der CDU ist zu wünschen, dass sich die „Mallorca-Affäre“ nicht zu einem „Gamechanger“ wie der folgenschwere Lacher Armin Laschets im Flutgebiet entwickelt. Fest steht allerdings: Für den amtierenden Ministerpräsidenten Hendrik Wüst könnte „Mallorca-Gate“ in den kommenden Wochen noch weitere Konsequenzen haben. Es stellt sich nämlich die Frage, ob und wenn ja wann der Regierungschef über die pietätlosen Verfehlungen seines Regierungsteams informiert war. Dass die Affäre noch nicht ausgestanden ist, lässt sich nicht zuletzt daran festmachen, dass das Thema noch in weiteren Sitzungen des Untersuchungsausschusses zum Hochwasser behandelt wird. Die Opposition wird ein solches „Wahlgeschenk“ bestimmt nicht ausschlagen.

Wahl wird auch durch übergeordnete Themen beeinflusst

Überlagert wird der Wahlkampf in NRW aber nicht nur durch die Mallorca-Affäre. Sicherlich spielen auch bundespolitische und internationale Stimmungen eine bedeutende Rolle, gerade was den Krieg in der Ukraine betrifft, die Corona-Pandemie oder die Inflation. Das sind alles Themen, bei der derzeit die Berliner Bundesregierung das Zepter in der Hand hält. So könnte die Ampel-Koalition in Berlin auch eine weitere Strahlkraft für NRW entwickeln. Freilich: Fragen zur inneren Sicherheit, wodurch die Landes-CDU gerade mit Innenminister Herbert Reul immer wieder auftrumpft, oder sozial-, integrations- und schulpolitische Themen, die sich unter FDP-Führung befinden, sind sicherlich ebenso wichtige und wahlkampfentscheidende Themen. Hiermit kann das Regierungsbündnis noch weiter punkten.

Bankrott der Linken

Das Scheitern der Linken an der Fünf-Prozent-Hürde, so wie es die Demoskopen vermuten, und zwar diesmal weitaus deutlicher als 2017, wäre ein Armutszeugnis, um nicht zu sagen: eine Bankrotterklärung für die Linksextremen. Gerade in NRW mit seinen vielen Industriestandorten und starken gewerkschaftlichen Zusammenschlüssen kann sich eine geradezu in Bedeutungslosigkeit versunkene Linke gleich ganz aus der politischen Arbeit zurückziehen. Heißt: Sie kann den Laden dichtmachen. Das ist auch als Quittung an diejenigen Extremisten in der Partei zu verstehen, die nie eine klare Grenze zu terroristischen Vereinigungen, seien diese im In- oder Ausland tätig, gezogen haben.

AfD gibt chaotisches Bild ab

Die AfD gibt ebenso ein sehr chaotisches und zerrissenes Bild ab. Flügelkämpfe bestimmen auch bei den Rechtsextremen den Alltag. Und zwar so sehr, dass vier der insgesamt 16 Abgeordneten bereits aus der Partei ausgetreten sind. Die AfD darf deshalb froh sein, wenn sie, Umfragen deuten ja bereits darauf hin, überhaupt wieder in den Landtag kommt.

In das neu gewählte Parlament werden wahrscheinlich fünf Parteien einziehen. Wer allerdings am Ende mit welcher Partei eine Koalition bildet, dies Frage bleibt bis zum Schluss offen.

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