Symbolbild: Wahlen (AFP)
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In normalen Ländern wird ein Wahltermin festgelegt, danach werden politische Kampagnen durchgeführt und letztlich die Wahlen abgehalten. So treffen die Bürgerinnen und Bürger ihre Wahl, indem sie von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Dies gilt jedoch nur in vermeintlich normalen Ländern. Denn dieser eigentlich einfache Prozess kann in Bosnien und Herzegowina kompliziert werden. Und leider ist das in der Tat auch in diesem Jahr der Fall.

Normalerweise war mit der Entscheidung der Zentralen Wahlkommission geplant, dass im Oktober dieses Jahres Präsidentschaftswahlen in Bosnien und Herzegowina abgehalten werden. Damit jedoch diese Wahlen abgehalten werden können, muss der Wahlhaushalt beschlossen und von den Institutionen in Bosnien und Herzegowina verabschiedet werden. Aber einmal mehr wird deutlich, wie offen diese Thematik für einen Missbrauch ist. In Bosnien und Herzegowina sind hauptsächlich serbische Verantwortliche dafür bekannt, für Ärger und Behinderungen zu sorgen, doch auch kroatische Verantwortliche stehen ihnen diesbezüglich nicht nach. Nicht ohne Grund versuchen gerade die Kroaten, die Wahlen zu verzögern.

Kroaten wollen eine dritte Entität

In Bezug auf die Wahlen finden seit geraumer Zeit Verhandlungen zwischen der bosniakischen und der kroatischen Seite über eine Wahlrechtsreform in Bosnien und Herzegowina statt. Die letzten monatelangen Verhandlungen endeten Anfang dieses Jahres erneut ergebnislos. Das eigentliche Problem dabei ist, dass das, was die Kroaten unter dem Namen „Reform“ fordern, letztlich der Gründung einer dritten Entität in Bosnien und Herzegowina gleichkommt. Dies wäre ein Schritt, der sowohl die territoriale Integrität als auch den Frieden im Land bedrohen würde. Weil dies aber nicht durchsetzbar ist, versuchen sie nun die Abhaltung der geplanten Wahlen zu verhindern, indem sie sich der Genehmigung des Wahlhaushalts widersetzen.

Mit der Ausrufung der Wahlen durch die zentrale Wahlkommission hätte das Wahlbudget bis zum 19. Mai beschlossen werden müssen. Der Haushalt wurde aber selbst auf der zuletzt am 24. Mai abgehaltenen Sitzung der zuständigen staatlichen Institutionen nicht verabschiedet. Der Chef des Ministeriums für Finanzen und des Schatzamtes von Bosnien und Herzegowina ist Vyekoslav Bevanda von der kroatischen HDZ-Partei, die auf den besagten Wahlrechtsreformen beharrt. So versucht die kroatische Seite, die für Ende dieses Jahres geplanten Wahlen mit ihren Haushaltsspielchen zu verschieben. Das ist auch der Grund, warum die bosniakischen Repräsentanten erwarten, dass der Hohe Repräsentant Christian Schmidt endlich eingreift.

Das bosnische Mitglied des Präsidialrats von Bosnien und Herzegowina, Sefik Djaferovic, appellierte an alle Nachbarn des Landes, einschließlich Kroatien, Bosnien und Herzegowina in Ruhe zu lassen, und unterstrich, Bosnien und Herzegowina sei ein unabhängiger, international anerkannter Staat gemäß Friedensvertrag bzw. Dayton-Vereinbarung, dessen Souveränität und Integrität ohne Wenn und Aber von allen respektiert werden müsse.

Djaferovic erklärte darüber hinaus, die Wahlen in Bosnien und Herzegowina seien in der vorgeschriebenen Weise gemäß dem aktuell gültigen Wahlgesetz abzuhalten, und forderte alle Beteiligten nochmals auf, zum Wahlprozedere zurückzukehren.

Der Vorsitzende der SDA und Präsidentschaftskandidat Bakir Izetbegovic hingegen betonte, die Geduld sei erschöpft und man erwarte nun, dass der Hohe Repräsentant endlich Schritte unternehme. Izetbegovic weiter: „Ich erwarte von Schmidt, dass er im Rahmen seiner Befugnisse durch das Dayton-Abkommen nicht nur den Haushalt durchsetzt, sondern auch die für die Durchführung der Wahlen notwendigen Entscheidungen trifft. Bis zu dem Tag, an dem alle die Gesetze und die Verfassung respektieren, sind wir auf den Hohen Repräsentanten angewiesen, und die Wahlen in Bosnien und Herzegowina müssen unbedingt abgehalten werden.“

Die Wahlen müssen stattfinden

Das kroatische Mitglied des Präsidialrates von Bosnien und Herzegowina, Zeljko Komsic, sagte, auch einige Vertreter der internationalen Gemeinschaft versuchten, gemeinsam mit der kroatischen HDZ die Wahlen zu verhindern.

Der Hohe Repräsentant von Bosnien und Herzegowina, Christian Schmidt, hat bisher noch keine klare Entscheidung getroffen. Er erinnerte lediglich daran, dass Wählen ein Grundrecht der Bürger in einer demokratischen Gesellschaft sei und die Finanzierung der Wahlen eine gesetzliche Verpflichtung darstelle, und er forderte alle Mitglieder des Kabinetts auf, ihre Arbeit zu tun und den Haushalt zu genehmigen. Ebenso erklärte Michael Murphy, US-Botschafter in Bosnien und Herzegowina, Wahlen seien ein demokratisches Recht und es verstoße gegen die Verfassung des Landes und das Dayton-Abkommen, dieses Recht der Menschen zu blockieren. Auch die Europäische Kommission wies Anfang Mai daraufhin, dass es sehr wichtig sei, die Wahlen in Bosnien und Herzegowina zum festgelegten Termin abzuhalten. Die Vertreter der EU-Kommission in Bosnien und Herzegowina sind derselben Meinung und fordern, dass die Wahlen abgehalten werden sollen.

Kathleen Kavalec, Vertreterin der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Bosnien und Herzegowina, machte im Interview mit lokalen Medien in Bosnien und Herzegowina deutlich, dass die internationale Gemeinschaft die Wahlen nicht finanzieren werde, sondern dies der Regierung von Bosnien und Herzegowina obliege.

Es wird deutlich, dass alle außer den Kroaten die für dieses Jahr geplanten Wahlen in Bosnien und Herzegowina wollen, aber die internationale Gemeinschaft hat es bisher nur bei Erklärungen belassen. Interessanterweise fordern ausgerechnet diejenigen, die das komplizierte System in Bosnien und Herzegowina eingeführt haben, jetzt die Regierung auf, ihre Arbeit zu tun. Doch in diesem System, dessen einzige gute Seite darin besteht, den Frieden gebracht zu haben, können wahlweise Serben und Kroaten, wann immer sie wollen, Hindernisse aufstellen und damit die territoriale Integrität des Landes bedrohen.

Wählen zu gehen, ist das Grundrecht der Bürger in jedem Land, und es ist wichtig, diese Grundrechte auch in Bosnien und Herzegowina zu schützen. Weil aber eigentlich offensichtlich ist, wer die Abhaltung der Wahlen verhindert, liegt es in der Verantwortung der internationalen Gemeinschaft gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern von Bosnien und Herzegowina, den Hohen Repräsentanten Schmidt zu drängen, seine Autorität zu nutzen, klare Entscheidungen zu treffen und damit sicherzustellen, dass die Wahlen wie geplant stattfinden.

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