Ein angeblich drohender Einmarsch Russlands in die Ukraine würde nach Darstellung der US-Regierung das Aus für die umstrittene deutsch-russische Gaspipeline Nord Stream bedeuten. „Wir führen weiterhin sehr intensive und klare Gespräche mit unseren deutschen Verbündeten, und ich möchte mich heute klar und deutlich ausdrücken“, sagte die Top-US-Diplomatin Victoria Nuland am Donnerstag in Washington. „Wenn Russland auf irgendeine Weise in die Ukraine einmarschiert, wird Nord Stream 2 nicht weitergeführt.“ Sie fügte auf Nachfrage hinzu: „Wir werden mit Deutschland zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass die Pipeline nicht weitergeführt wird.“
Verweis auf gemeinsame Erklärung
Die Pipeline, mit der unter Umgehung der Ukraine russisches Gas nach Deutschland gebracht werden soll, ist fertiggestellt, aber noch nicht in Betrieb. Die Bundesregierung hat für den Fall eines russischen Angriffs alle Optionen auf den Tisch gelegt und dabei auch deutlich gemacht, dass der Stopp des Projekts eine Option sein kann. In den vergangenen Jahren hatte Nord Stream 2 für massive Spannungen zwischen Deutschland und den USA gesorgt. Auch US-Präsident Joe Biden lehnt die Pipeline ab. Um den Streit mit Washington zu entschärfen, hatte Deutschland im Juli in einer gemeinsamen Erklärung mit den USA unter anderem eine stärkere Unterstützung der Ukraine zugesagt.
Nuland verwies am Donnerstag auf die gemeinsame Erklärung, in der auch Maßnahmen Deutschlands vorgesehen sind, „um sicherzustellen, dass Russland keine Pipeline, einschließlich Nord Stream 2, zur Erreichung aggressiver politischer Ziele einsetzt, indem es Energie als Waffe nutzt“. Nicht definiert ist in dem Papier aber, ab wann Deutschland und die USA diese Voraussetzung als erfüllt sehen.
Nuland will Russland Schwarzen Peter in der Sicherheitsdebatte zuschieben
Nach der Übermittlung von Vorschlägen der Nato-Staaten für eine Verbesserung der Beziehungen zu Moskau sagte Nuland: „Russland hat unsere Antworten erst gestern erhalten und uns gegenüber deutlich gemacht, dass es ein wenig Zeit braucht, um sie zu studieren. Aus unserer Sicht sind sie also am Zug.“ Die USA seien bereit zu bilateralen Gesprächen oder auch zu Verhandlungen etwa im Nato-Russland-Rat oder im Rahmen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).
Nuland sagte: „Wir glauben, dass diese Antworten eine echte Chance für Verbesserungen der Sicherheit im gesamten euro-atlantischen Raum bieten, wenn Moskau den Weg der Diplomatie wählt und nicht den des Konflikts oder der Sabotage.“ Die Nato und die USA hatten am Mittwoch jeweils schriftlich auf Forderungen Moskaus nach Garantien für die Sicherheit in Europa geantwortet. Bei der russischen Forderung nach Zusagen für ein Ende der Nato-Osterweiterung zeigten weder die Nato noch die USA Verhandlungsbereitschaft.