Der jahrzehntelange Konflikt um die Kaukasusregion Bergkarabach neigt sich dem Ende zu: Nach der Niederlage gegen Aserbaidschan in Bergkarabach hat das selbsternannte armenische Regime am Donnerstag seine Auflösung verkündet. Die Führung wies die verbliebenen Strukturen an, zum 1. Januar 2024 „alle Institutionen und Organisationen" in der Kaukasusregion aufzulösen. Das Separatistengebiet werde damit „aufhören zu existieren", hieß es.
Der Separatistenführer des selbsternannten Regimes, Samwel Schahramanjan, informierte seine Anhänger in einem am Donnerstag veröffentlichten Brief über die bevorstehende Wiedereingliederung. Die Geflohenen und die in Aserbaidschan verbliebenen Armenier müssten nun „individuell entscheiden, ob sie bleiben oder zurückkehren wollen“.
Aserbaidschan befreite restliche Territorien in nur einem Tag
Bergkarabach gehört völkerrechtlich zu Aserbaidschan. Armenische Gruppen hatten sich mit Unterstützung Armeniens das Gebiet besetzt und die Aserbaidschaner vertrieben. Seitdem haben Baku und Eriwan bereits zwei Kriege um das aserbaidschanische Territorium geführt, zuletzt im Jahr 2020. Nach sechswöchigen Kämpfen mit mehr als 6.500 Toten vermittelte Armeniens Schutzmacht Russland einen Waffenstillstand und stoppte eine militärische Befreiung des Gebiets.
Nach dem Scheitern der Gespräche startete Aserbaidschan am 19. September eine Anti-Terror-Operation gegen die Separatisten in Karabach. Bereits einen Tag später mussten sich die Separatisten geschlagen geben. Baku erklärte sich bereit, im Rahmen eines Waffenstillstands unbewaffnete Personen nach Armenien ausreisen zu lassen. Außerdem wurden Verhandlungen über die Rückkehr der Region unter die vollständige Kontrolle Aserbaidschans aufgenommen.
Zehntausende Armenier nach Niederlage auf dem Weg nach Armenien
Zehntausende Separatisten, Bewohner und Siedler haben seither Aserbaidschan verlassen. Inzwischen seien 65.000 und damit mehr als die Hälfte der Armenier in Aserbaidschan nach Armenien ausgereist, teilte die Regierung in Eriwan am Donnerstag mit. Der Exodus halte an, sagte Ministerpräsident Nikol Paschinjan bei einer Kabinettssitzung.
Am Mittwoch hatten aserbaidschanische Grenzschützer den früheren Separatistenührer Ruben Karlenowitsch Wardanjan festgenommen. Ein Gericht in Baku ordnete am Donnerstag eine viermonatige Untersuchungshaft für den armenisch-russischen Milliardär an. Wardanjan, der von November 2022 bis Februar 2023 an der Spitze des selbsternannten Regimes in Bergkarabach stand, werden Terrorfinanzierung und andere Straftaten zur Last gelegt.
Armenische Separatisten erwarteten Schutz vom Kreml
Russland nahm die Ankündigung der Auflösung der Separatisten eigenen Angaben zufolge „zur Kenntnis“. Kremlsprecher Dmitri Peskow betonte zudem, er sehe keinen Grund für eine Flucht der Armenier aus Bergkarabach.
Die Beziehungen zwischen Moskau und Eriwan sind wegen der russischen Friedenstruppen im Bergkarabach-Konflikt angespannt. Armenien fühlt sich von seinem Verbündeten Russland im Stich gelassen, weil Moskau nicht für den Erhalt des Separatistengebiets eingegriffen hatte.