Die SPD-Politikerin Michelle Müntefering hat ihren vor zwei Jahren erstmals geäußerten Vorschlag für ein Gastarbeiter-Denkmal bekräftigt. „Ohne die Leistung der Familien, die als sogenannte Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter zu uns gekommen sind, wäre das deutsche Wirtschaftswunder so nicht möglich gewesen“, sagte die Staatsministerin für Internationale Kulturpolitik der Deutschen Presse-Agentur dpa auf Anfrage.
Zeichen der Solidarität und der Wertschätzung
Der 60. Jahrestag der Unterzeichnung des deutsch-türkischen Anwerbeabkommens in diesem Jahr sei ein guter Anlass, sich dies in Erinnerung zu rufen. Die Geschichte der Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter sei längst die unseres Landes geworden. „Ihnen ein Denkmal in unserer Mitte zu setzen, ist richtig und nötig. Davon bin ich nach wie vor überzeugt.“
Die Bundestagsabgeordnete aus Herne hatte ihre Idee erstmals Anfang November 2019 bei einem Kongress in der Zeche Zollverein in Essen formuliert. „Gerade in einer Zeit, in der Nationalismus und Populismus auf der Welt wieder erstarken, sollten wir ein Zeichen der Solidarität und der Wertschätzung setzen, ein Symbol des Zusammenhaltes“, hatte sie gesagt.
Müntefering sieht Denkmal als Ort des Dialogs über das Miteinander
Das Ruhr Museum und die Stiftung Zollverein hatten den Vorstoß aufgegriffen. Unter anderem waren im vergangenen Sommer im Museumsfoyer in einer kleinen Ausstellung sechs Entwürfe für ein Einwanderungsdenkmal auf dem Gelände des Weltkulturerbes Zollverein präsentiert worden. Bei einer Befragung von Ausstellungsbesuchern sprach sich mehr als die Hälfte der Teilnehmer für eine Platzierung eines solchen Denkmals auf Zollverein aus.
„Es geht um Anerkennung. Aber es geht auch darum zu zeigen, dass die Geschichte der Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter unsere gemeinsame Geschichte ist“, schrieb die Politikerin 2020 in einem Beitrag für den Deutschen Kulturrat. Es gehe darum zu erzählen, „wie sich unser Land durch Migration gewandelt hat, wie es bunter und vielfältiger geworden ist“.
Es brauche kein Denkmal aus Stein zu sein. Es könne ganz anders aussehen. „Was es braucht, ist ein Ort des Dialogs, der zum Nachdenken darüber anregt, wer wir sind und wie wir miteinander leben möchten.“
„Ich freue mich, dass inzwischen viel passiert ist. Die Resonanz auf den Vorschlag war überwältigend positiv“, sagte Müntefering der dpa. Geplant sei, nach weiteren Unterstützern zu suchen.
Rückendeckung durch Stiftung Zollverein
Bundestagsvizepräsidentin Aydan Özoğuz (SPD) befürwortet den Vorschlag. Solch ein Denkmal könne weit über das Ruhrgebiet hinaus ein würdigendes gesellschaftliches Signal sein, erklärte sie. „Und nicht zuletzt eine längst überfällige Erinnerung an die mutigen und fleißigen Männer und Frauen der ersten Generation.“
Die Stiftung Zollverein, Verwalterin der gesamten Zollverein-Anlagen, ist weiter offen dafür, das Denkmal auf dem einstigen Industriegelände zu beherbergen: „Als einst leistungsstärkste Zeche der Welt und heutiges Welterbe wäre Zollverein für das Denkmal ein passender und würdiger Ort, um die Wertschätzung gegenüber den Einwanderern und ihrem Beitrag zum Wohlstand in Deutschland zum Ausdruck zu bringen“, erklärte der Stiftungsvorstand und Direktor des Ruhr Museums, Heinrich Theodor Grütter, auf dpa-Anfrage. Wie es jetzt weitergeht, soll im nächsten Jahr geklärt werden: „Wir haben uns mit allen Beteiligten darauf verständigt, uns im kommenden Jahr zeitnah zusammenzusetzen und konkrete nächste Schritte zu planen.“
Die Bundesrepublik hatte so genannte Gastarbeiter seit den 1950er Jahren in mehreren Ländern angeworben, um den Mangel an Arbeitskräften in der westdeutschen Wirtschaft zu vermindern. Bis zum Anwerbestopp 1973 kamen viele Millionen nach Deutschland. Die meisten verließen Deutschland später wieder.
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