EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gibt am 4. September 2024 im Europäischen Parlament in Brüssel eine Pressekonferenz zur Zukunft der Landwirtschaft der Europäischen Union. (Others)
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EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellt diese Woche ihr neues Team vor. Am Mittwoch will sie den Fraktionsspitzen im Europaparlament die Liste der Kommissarinnen und Kommissare präsentieren, mit denen sie in den kommenden fünf Jahren zusammenarbeiten will. Einige Namen bergen allerdings Konfliktpotenzial.

Die Mitgliedsländer haben von der Leyen jeweils Kandidaten für die neue Brüsseler Kommission vorgeschlagen. Umstritten ist vor allem der Italiener Raffaele Fitto. Der 55-Jährige gehört der ultrarechten Partei Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) von Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni an. Meloni will ihren Europaminister Fitto nun nach Brüssel schicken.

Nach unbestätigten Medienberichten könnte von der Leyen dem Italiener das wichtige Wirtschaftsressort zubilligen und ihn zum geschäftsführenden Vizekommissionspräsidenten machen. Damit würde erstmals ein Rechtsaußen-Politiker einen so hochrangigen Posten bekleiden.

„Unhaltbar“ nennt dies die Vorsitzende der Liberalen-Fraktion im Europaparlament, Valérie Hayer. Auch Sozialdemokraten und Grünen dürfte die Personalie Fitto wenig gefallen. Bereits im Europawahlkampf hatten sie von der Leyen scharf kritisiert, weil die CDU-Frau zwar einer Zusammenarbeit mit „Extremisten“ eine Absage erteilte, nicht aber mit der Meloni-Partei.

Kritik aus dem Parlament gibt es auch, weil von der Leyen entgegen ihrem erklärten Wunsch nach Gleichstellung deutlich mehr Männer als Frauen auf ihrer Kommissionsliste hat. Nach letztem Stand könnten der Kommission „Von der Leyen II“ zehn Frauen und 17 Männer angehören, die deutsche Kommissionschefin bereits eingerechnet. Das wären zwei Frauen weniger als zu Beginn ihrer ersten Amtszeit 2019.

Kritik daran weist von der Leyen zurück. Ohne ihren Appell an die Mitgliedsländer hätten diese nur vier Frauen und 21 Männer vorgeschlagen, sagte sie vergangene Woche. „Es ist ein harter Weg“, betonte von der Leyen, die sich in Brüssel für eine 40-prozentige Frauenquote in europäischen Aufsichtsräten stark machte. Die Quote in ihrer Kommission dürfte nun deutlich darunter liegen.

„Ich habe noch nicht alle möglichen Kandidaten getroffen, und ich führe mit den Staats- und Regierungschefs Gespräche über die verschiedenen Namen und die Möglichkeiten“, betonte von der Leyen. Das Hauptkriterium sei allerdings nicht das Geschlecht, sondern die Kompetenz.

Solche Kompetenz billigt sie etwa dem Franzosen Thierry Breton zu. Der bisherige Binnenmarktkommissar ist erneut für einen der Schlüsselposten im Gespräch, womöglich für Industrie. Der lettische Europaabgeordnete Andrius Kubilius könnte das neue Ressort für Verteidigung erhalten. Unter den Frauen ist die ehemalige estnische Regierungschefin Kaja Kallas gesetzt, die neue EU-Außenbeauftragte wird.

Von der Leyens Liste ist allerdings nicht endgültig, denn das EU-Parlament hat ein Mitspracherecht. Es hört die designierten Kommissarinnen und Kommissare in den Fachausschüssen an und prüft sie auf Tauglichkeit und Befangenheit.

In der Vergangenheit verlangten die Abgeordneten mehrfach erfolgreich Ersatz für missliebige Anwärter - auch wenn sie die Kommission rein formal nur in Gänze billigen oder ablehnen können. Auch von der Leyen hat damit Erfahrung: Bevor sie Ende 2019 ihr erstes Mandat antrat, ließ das Parlament einen Ungarn und eine Rumänin für ihre Kommission wegen „Interessenkonflikten“ durchfallen.

Vor November rechnet kaum noch jemand mit der Wahl der neuen Kommission durch das Parlament. Frühestens am 1. Dezember dürfte von der Leyens Team dann die Arbeit aufnehmen, heißt es in Brüssel.

AFP