In den neuen Bemühungen um ein Abkommen zwischen Israel und der palästinensischen Widerstandsorganisation Hamas hat Israel Regierungschef Benjamin Netanjahu angeblich keinen Vorschlag erhalten. Netanjahu behauptete bei einer Parlamentssitzung seiner Likud-Partei, dass Israel „kein Angebot zur Freilassung von vier Gefangenen im Gegenzug für eine 48-stündige Waffenruhe im Gazastreifen“ erhalten habe, wie sein Büro am Montagabend mitteilte.
Wäre solch ein Angebot gemacht worden, hätte es der Ministerpräsident sofort angenommen, erklärte sein Büro mit Blick auf einen am Sonntag vom ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi präsentierten Vorschlag.
Ägypten hatte Vorschlag präsentiert
Al-Sisi hatte einen Vorschlag für eine zweitägige Waffenruhe im Gazastreifen vorgestellt. Während dieser Zeit sollten vier israelische Gefangene in Gaza im Austausch gegen „einige Inhaftierte in israelischen Gefängnissen“ freigelassen werden, sagte al-Sisi bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem algerischen Kollegen Abdelmadjid Tebboune in Kairo.
Al-Sisi erläuterte, dass nach der zweitägigen Feuerpause weitere Verhandlungen innerhalb von zehn Tagen vorgesehen seien. Ziel sei es, „eine vollständige Waffenruhe und die Zufuhr von Hilfsgütern“ in den Gazastreifen zu gewährleisten.
Ägypten ist neben Katar und den USA ein wichtiger Vermittler bei den indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas. Seit dem Beginn des israelischen Vernichtungskrieges in Gaza vor mehr als einem Jahr bemühen sich die Vermittler um eine Waffenruhe.
Gespräche über Waffenruhe stocken seit November
Nach der bislang einzigen Waffenruhe im November vergangenen Jahres, die eine Woche dauerte und in deren Rahmen israelische Geiseln im Austausch für palästinensische Häftlinge freigelassen wurden, waren die Verhandlungen danach nicht entscheidend vorangekommen. Nach der mutmaßlich israelischen Ermordung des Hamas-Politchefs Ismail Hanija am 31. Juli stoppten die Gespräche gänzlich.
Für diesen Sonntag waren im katarischen Doha neue Gespräche zwischen Israel, den USA und Katar angesetzt, um über eine mögliche Waffenruhe im Gazastreifen und einen Gefangenenaustausch zu sprechen. Zuletzt wuchs der Druck auf die israelische Regierung, sich auf ein Abkommen mit Hamas einzulassen.
Israels Verteidigungsminister Joav Gallant sagte am Sonntag, dass für die Geisel-Freilassung „schmerzhafte Zugeständnisse“ nötig seien. „Nicht alle Ziele können allein durch Militäreinsätze erreicht werden“, betonte Gallant am Sonntag in einer Rede anlässlich des Jahrestags des Hamas-Gegenschlags nach dem jüdischen Kalender.
Israelischer Vernichtungskrieg in Gaza
Israel hatte nach dem Vergeltungsschlag der palästinensischen Widerstandsorganisation Hamas am 7. Oktober einen Vernichtungskrieg in Gaza gestartet. Erklärtes Ziel ist die Zerschlagung der Hamas, doch es wurden bislang Zehntausende Zivilisten getötet.
Humanitäre Hilfslieferungen werden von Israel behindert. Fast zwei Millionen Menschen wurden gezwungen, in den Süden zu flüchten. Doch auch dort sind sie israelischen Angriffen ausgesetzt. Zudem herrscht eine akute Hungerkrise, die Hungertote fordert.
Nach palästinensischen Angaben wurden in Gaza seit dem 7. Oktober mehr als 43.000 Menschen getötet und mehr als 101.100 verletzt. Die Zahl könnte weit höher sein, da noch viele Tote unter den Trümmern liegen und nicht geborgen werden können. Beim Großteil der Todesopfer handelt es sich laut örtlichen Berichten um Frauen und Kinder.