Nach Vorlage ihres unabhängigen Expertenberichts zu Vorwürfen gegen das UN-Palästinenserhilfswerk hat die ehemalige französische Außenministerin Catherine Colonna für die internationale Unterstützung von UNRWA geworben. / Photo: DPA (dpa)
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Nach Vorlage ihres unabhängigen Expertenberichts zu Vorwürfen gegen das UN-Palästinenserhilfswerk hat die ehemalige französische Außenministerin Catherine Colonna für die internationale Unterstützung von UNRWA geworben. „Die internationale Gemeinschaft muss UNRWA bei der Bewältigung seiner Herausforderungen zum Erreichen von Neutralität unterstützen. Es ist eine gemeinsame Verantwortung“, sagte Colonna, die eine Prüfung des Hilfswerks im Auftrag der Vereinten Nationen geleitet hatte, der Deutschen Presse-Agentur.

Die Untersuchungskommission wurde eingesetzt, nachdem Israel im Januar Anschuldigungen erhoben hatte, dass zwölf UNRWA-Mitarbeiter an den Hamas-Anschlägen vom 7. Oktober 2023 beteiligt gewesen sein könnten. Als Reaktion auf die Vorwürfe hatten in den darauffolgenden Wochen zahlreiche Geberstaaten ihre finanzielle Hilfen pausiert oder ausgesetzt. Einige Geber, darunter die EU, Schweden, Kanada, Japan und Frankreich, haben mittlerweile die Hilfen wieder aufgenommen.

Auf eine Frage zur ausstehenden Entscheidung der Bundesregierung, ob Deutschland seine Zahlungen an die Organisation wieder aufnimmt, antwortete Colonna nicht direkt. Es sei nun an jedem Land, den Bericht zu studieren und über die nächsten Schritte zu entscheiden. „Was ich gesehen habe, ist, dass die überwiegende Mehrheit der Geberstaaten die unverzichtbare und unersetzliche Rolle von UNRWA anerkennt, bestrebt ist, Lösungen zu finden und bei Bedarf Verbesserungen zu unterstützen“, sagte die Französin weiter. Der Text enthalte 50 konkrete Empfehlungen für dieses Ziel.

EU-Kommissar für humanitäre Hilfe begrüßt Abschlussbericht

Der EU-Kommissar für humanitäre Hilfe und Krisenschutz, Janez Lenarčič, begrüßte den abschließenden Colonna-Bericht zur Neutralität des UNRWA. Der Bericht werde „die zahlreichen bestehenden Compliance-Systeme des Hilfswerks hervorheben und Empfehlungen für ihre weitere Verbesserung geben“, sagte Lenarčič auf der Plattform X. „Ich appelliere an die Geber, das UNRWA als Lebensader der palästinensischen Flüchtlinge zu unterstützen.“

Die von den Vereinten Nationen zur Aufarbeitung herangezogene unabhängige Expertengruppe um Colonna hatte in dem am Montag vorgestellten Bericht Verbesserungsbedarf bei der Einhaltung der Neutralität durch UNRWA festgestellt. Zwar habe das Hilfswerk eine Reihe „robuster“ Mechanismen und Verfahren etabliert, um die Wahrung dieses Grundsatzes zu gewährleisten, trotzdem gebe es nach wie vor Probleme. Der Bericht empfiehlt daher unter anderem eine genauere Überprüfung aller Mitarbeiter und einen besseren Schutz der UNRWA-Einrichtungen vor missbräuchlicher militärischer Nutzung.

Bericht schlägt Traumabewältigung als Präventivmaßnahme vor

Bei den meisten Verstößen gegen die Neutralität handelt es sich laut Bericht um „Beiträge in den sozialen Medien“, die häufig auf gewalttätige Zwischenfälle folgen, die Kollegen oder Verwandte betreffen. Eine Präventivmaßnahme könne darin bestehen, dass dem Personal die Möglichkeit gegeben werde, „diese traumatischen Vorfälle zu besprechen“, hieß es in dem Bericht, der in Zusammenarbeit mit drei nordischen Menschenrechtsorganisationen erstellt wurde.

Das UNRWA bleibe allerdings „unersetzlich und unverzichtbar für die menschliche und wirtschaftliche Entwicklung der Palästinenser“, hieß es weiter.

Das UNRWA beschäftigt im Gazastreifen mehr als 30.000 Mitarbeiter. Das 1949 gegründete UN-Hilfswerk hat das Mandat der Vereinten Nationen, den in ihrem Einsatzgebiet registrierten palästinensischen Flüchtlingen humanitäre Hilfe und Schutz zu gewähren. Nach mehr als einem halben Jahr Krieg stehen die im abgeriegelten Gazastreifen lebenden 2,4 Millionen Palästinenser am Rande einer Hungersnot.

TRT Deutsch und Agenturen