Die armenische Polizei hat die Kontrolle über den Regierungssitz und das Parlamentsgebäude in Eriwan wiedererlangt, nachdem Demonstranten die Gebäude aus Wut über das unterzeichnete Waffenstillstandsabkommen mit Aserbaidschan zum Konflikt um Berg-Karabach gestürmt hatten. Polizisten sicherten am Dienstagmorgen den Regierungssitz ab, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Aktivisten kündigten jedoch an, im Laufe des Tages erneut zu protestieren.
Die Polizei schnitt eine zum Parlament führende Straße vom Verkehr ab, anschließend wurde das Gebäude geräumt. Eine Gruppe von rund 20 Demonstranten wurde davon abgehalten, eine Straßenblockade zu errichten.
Nach Bekanntgabe des Waffenstillstandsabkommens gingen in Eriwan tausende Menschen auf die Straße. Sie beschimpften Armeniens Regierungschef Nikol Paschinjan als „Verräter“ und forderten seinen Rücktritt. Hunderte Menschen stürmten den Regierungssitz und das Parlamentsgebäude. Im Regierungssitz verwüsteten die Demonstranten Büros und zerschmetterten Fenster, im Parlament machten sie sich im Plenarsaal breit.
Paschinjan verurteilte den Vorfall auf Facebook. Ihm seien „ein Computer, eine Uhr, ein Parfüm, der Führerschein und andere Dinge“ aus seiner Wohnung gestohlen worden. Er kommentierte auch seine angebliche Flucht aus dem Land: „Natürlich bin ich in Armenien und führe meine Arbeit als Premierminister in vollem Umfang fort.“
„Das ist ein Sieg der Völker beider Länder“
„Das ist ein Sieg der Völker beider Länder – von Aserbaidschan und Armenien, weil der Krieg gestoppt wurde“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow zu der in der Nacht zum Dienstag getroffenen Vereinbarung. Russlands Soldaten seien der Garant dafür, dass der Krieg ende. Die Kräfte würden auch den Austausch von Gefangenen und Toten sicherstellen.
Mit Blick auf die massiven Proteste in Armenien gegen das Abkommen sagte Peskow, er hoffe, dass die Menschen dort die Vorteile eines Endes des Blutvergießens verstünden. Das Abkommen garantiere den Menschen auch eine sichere Rückkehr in ihre Wohnorte.
Der armenische Präsident Armen Sarkissjan hat sich von der Kapitulation überrascht gezeigt. „Ich bin von der Presse darüber informiert worden“, behauptete er am Dienstag in der Hauptstadt Eriwan. Aus den Medien habe er auch über die Bedingungen für ein Ende des Kriegs erfahren. „Es gab leider keine Konsultationen oder Diskussionen mit mir über das Dokument.“ Sarkissjan kündigte an, vor allem auch die Opposition zusammenzubringen, um einen Ausweg aus der Krise zu finden.
Armenien und Aserbaidschan hatten sich in der Nacht zum Dienstag auf einen Waffenstillstand in der von Armenien völkerrechtswidrig besetzten Südkaukasus-Region geeinigt. Damit endeten wochenlange schwere Gefechte. Aserbaidschan stand zuletzt rund 10 Kilometer vor der sogenannten Regionalhauptstadt in Berg-Karabach.