Im Osten Libyens sind nach Angaben von Amnesty International seit 2018 mindestens 22 Menschen von Militärgerichten zum Tode verurteilt worden. Hunderte weitere Menschen seien nach „Scheinprozessen“ inhaftiert worden, teilte die Menschenrechtsorganisation am Montag mit.
„Militärgerichte haben hunderte Zivilisten im Osten Libyens in geheimen und grob unfairen Militärprozessen verurteilt“, erklärte Amnesty in einem Bericht. Ziel sei die „Bestrafung von realen oder angeblichen Gegnern und Kritikern“ der Truppen des Warlords Khalifa Haftar, die Gebiete im Osten und Süden des Landes kontrollieren. Unter den Verurteilten seien Journalisten, friedliche Demonstranten und Menschen, die Haftars Truppen in Online-Netzwerken kritisiert hatten.
Ehemalige Gefangene berichteten laut Amnesty von Rechtsverletzungen und Übergriffen unterschiedlicher Art, darunter „Entführungen und bis zu drei Jahre Gefangenschaft“, bevor sie vor ein Militärgericht gestellt worden seien. Andere sagten demnach aus, sie seien „bis zu 20 Monate isoliert festgehalten worden“. Weitere Betroffene erklären, sie seien geschlagen, bedroht oder durch das sogenannte Waterboarding - vorgetäuschtes Ertrinken - gequält worden. Sie seien außerdem gezwungen worden, Verbrechen zuzugeben, die sie nie begangen hätten.
Diana Eltahawy, Amnesty-Regionaldirektorin für den Nahen Osten und Nordafrika, erklärte, die Truppen im Osten Libyens hätten die Militärgerichte als Zeichen der „Machtausübung“ eingesetzt, um Gegner zu bestrafen „und ein Klima der Angst“ zu schaffen. Teilweise seien die Prozesse ohne Anwälte oder sogar die Angeklagten abgehalten worden.
Ob die 22 Todesurteile vollstreckt wurden, blieb unklar. Unter Berufung auf libysche Menschenrechtsgruppen erklärte Amnesty, zwischen 2018 und 2020 habe es mindestens 31 Hinrichtungen gegeben.
Libyen ist seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 von gewaltsamen Konflikten und Machtkämpfen geprägt. Seit Oktober gilt in dem nordafrikanischen Land eine fragile Waffenruhe. Im Februar einigten sich die Konfliktparteien auf den Übergangs-Ministerpräsidenten Abdul Hamid Dbeibah, der das Land bis zu Wahlen am 24. Dezember führen soll.
AFP
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