Der Entwurf für ein neues BND-Gesetz sieht einen neuen Kontrollmechanismus vor, der dem Ausspionieren von Ausländern außerhalb Deutschlands schärfere Grenzen setzen soll als bisher. Der Entwurf wurde am Dienstag von netzpolitik.org online gestellt. Nötig geworden war die geplante Reform auch durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Doch die neue Verordnung ermöglicht zugleich Hacker-Angriffe durch den BND.
Die Richter aus Karlsruhe hatten der Politik im Mai aufgegeben, das Gesetz, das die Arbeit des Bundesnachrichtendienstes (BND) wegen zahlreicher Defizite bis spätestens Ende 2021 grundlegend zu überarbeiten. Die Handlungsfähigkeit des deutschen Auslandsgeheimdienstes sollte dadurch jedoch nicht beeinträchtigt werden.
Konkret geht es um die Vorschriften für die sogenannte strategische Fernmeldeaufklärung im Ausland. Dabei durchforstet der BND ohne bestimmten Verdacht große Datenströme auf interessante Informationen. Laut BND werden jeden Tag ungefähr 154.000 Kommunikationsbeziehungen erfasst, von denen sich am Ende etwa 260 als relevant herausstellen.
BND-Hacker-Einheit agiert nun offiziell
Der Referentenentwurf sieht vor, dass der BND maximal 50 Prozent aller bestehenden weltweiten Kommunikationsnetze überwachen darf. In früheren Gesetzen war eine Überwachung von bis zu 20 Prozent eines Datenstroms erlaubt. Zum Vergleich: Die Kapazitäten in Deutschland überschreiten nur in Ausnahmefällen 20 Prozent. Netzpolitik.org merkt an, dass dies eine Lizenz zur Totalüberwachung gleichkäme. Denn zu den begrenzten Ressourcen der BND kämen noch die Aufteilung und der Austausch mit befreundeten Geheimdiensten hinzu.
Der BND soll zudem auch erstmals Mobilfunk- und Internetanbieter offiziell und legal hacken dürfen. Bisher agierte die BND-Hacker-Einheit in einer rechtlichen Grauzone. Das geplante Gesetz erwähnt und definiert erstmals einen Rahmen, wie sehr der BND in IT-Systeme von Ausländern eingreifen darf. Eine Befugniserweiterung sehe das Kanzleramt darin nicht, denn die Praxis existiere bereits. Das Gesetz werde also an die Praxis angepasst, so Netzpolitik.org.
Früher gab es dafür keinerlei rechtliche Grundlage. Erst als Reaktion auf die Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden im NSA-Skandal hatte die Politik das BND-Gesetz reformiert und die Befugnisse des Nachrichtendienstes Ende 2016 geregelt.
Reform bis zum kommenden Frühjahr
„Da die technische Aufklärung von Ausländern wegen ihrer Geheimhaltungsbedürftigkeit nur sehr begrenzte Auskunfts- und Benachrichtigungspflichten gebietet und deshalb individueller Rechtsschutz kaum wirksam zu erlangen ist, muss dies mit der objektiv-rechtlichen Kontrolle durch eine unabhängige Stelle kompensiert werden“, heißt es in dem Entwurf.
Wie die „Süddeutsche Zeitung“ bereits am vergangenen Wochenende berichtet hatte, wird dafür neu ein Kontrollrat installiert, der auf vier Bundesrichtern und zwei Bundesanwälten besteht. Seine Mitglieder sollen jeweils für sechs Jahre ernannt werden.
Im Juni hatte Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) angekündigt, dass die Reform bis zum kommenden Frühjahr abgeschlossen sein solle.