Bei den deutschen Behörden sind aktuell fast 1600 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge als vermisst gemeldet. Es handele sich Stand 4. Januar um 972 Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren sowie 607 Kinder bis 13 Jahre, berichtete die „Neue Osnabrücker Zeitung“ am Dienstag Berufung auf Zahlen des Bundeskriminalamtes (BKA). In den meisten Fällen sind die Gründe für das Verschwinden demnach aber harmlos.
„Vielfach entfernen sich die Kinder nicht planlos, sondern wollen ihre Eltern, Verwandten oder Bekannten in anderen deutschen Städten oder gar im europäischen Ausland aufsuchen“, zitierte die Zeitung das BKA. Zudem würden Betroffene häufig mehrfach registriert, wenn sie ohne Pass unterwegs seien oder es verschiedene Schreibweisen gebe.
Die meisten der vermissten minderjährigen Flüchtlinge stammen den Angaben zufolge aus Afghanistan sowie aus Marokko, Algerien, Syrien und Somalia. Im Vergleich zu den Vorjahren ging die Zahl deutlich nach unten. Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise im Juli 2016 etwa wurden mehr als 8900 Kinder und Jugendliche vermisst. Anfang 2018 waren es 5334 unbegleitete Minderjährige, Anfang 2019 dann 3192 Kinder und Jugendliche.
Weniger Asylsuchende
Als Ursache für den Rückgang gilt, dass in den vergangenen Jahren insgesamt deutlich weniger Asylsuchende nach Deutschland kamen. Viele Jugendliche erreichten inzwischen die Volljährigkeit und werden damit nicht mehr in der Statistik als verschwundene Minderjährige erfasst.
Laut Zeitung verweist das BKA auf Fahndungserfolge und eine Aufklärungsquote von durchschnittlich 69 Prozent. Das ist allerdings deutlich niedriger als 2019, als die Aufklärungsquote noch 87,6 Prozent betrug.
Der Präsident des Deutschen Kinderhilfswerks, Thomas Krüger, forderte daher, die Aufklärungsmaßnahmen zum Schutz dieser Kinder „unvermindert mit Hochdruck“ weiter zu verfolgen. Die Behörden in Deutschland seien verpflichtet, das Schicksal möglichst aller vermissten Kinder aufzuklären: „Gerade angesichts der aktuellen Corona-Pandemie ist es wichtig, dass die bestehenden Kinderschutz- und Jugendhilfemaßnahmen für unbegleitete Flüchtlingskinder aufrechterhalten bleiben.“ Mit Blick auf die rückläufigen Zahlen vermisster Flüchtlingskinder sprach Krüger von „Anlass zu vorsichtigem Optimismus“.