Wegen Beihilfe bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit hat Frankreichs oberstes Gericht Ermittlungen gegen den Zementriesen Lafarge aufgenommen. Das Unternehmen steht unter Verdacht, die Terrormiliz Daesh im Norden Syriens finanziert zu haben. NGOs, das Europäische Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte (ECCHR) und Sherpa, die im Fall Lafarge geklagt hatten, bezeichneten die Entscheidung des Kassationsgerichts als „historisch“.
ECCHR und Sherpa veranstalteten unmittelbar nach der Entscheidung ein Webinar, an dem die ECCHR-Juristin Cannelle Lavite, Sherpa-Präsidentin Franceline Lepany sowie der Rechtsanwalt Maitre Bauer teilnahmen.
ECCHR und Sherpa begrüßen Entscheidung
Lavite begrüßte die Entscheidung des Kassationsgerichtshofs, ein vorheriges Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben, mit dem die Anklage zurückgewiesen worden war.
Die Lafarge-Zentrale in Frankreich habe nicht nur von den Zahlungen ihrer regionalen Niederlassung an Daesh in Syrien gewusst, sondern auch Anweisungen in diese Richtung gegeben, kritisierte Lavite den Konzern. „Dies ist eine historische Entscheidung über die Verantwortung von multinationalen Unternehmen, die über ihre Tochtergesellschaften im Ausland tätig sind“, so Lavite.
Die ECCHR-Juristin fügte hinzu, dieser Prozess stieße die systematische Argumentation multinationaler Unternehmen um, die behaupten, sie hätten keine Kenntnis von der Arbeit ihrer Tochtergesellschaften. Lavite wies zudem darauf hin, dass die französische Regierung und die Generaldirektion für auswärtige Sicherheit eine wichtige Rolle und Verantwortung in diesem Fall hätten. Sie fügte hinzu, dass die von der Nachrichtenagentur Anadolu (AA) veröffentlichten Dokumente in die Ermittlungen einbezogen würden, wenn diese fortgesetzt werden.
„Noch zu früh für eine EGMR-Klage“
Auch Sherpa-Präsidentin Lepany zeigte sich zufrieden mit der Entscheidung des französischen Gerichts. Allerdings sei es noch zu früh, um den Fall vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) zu bringen.
Aus den AA-Dokumenten geht hervor, dass Lafarge französische Geheimdienste über Verbindungen zur Terrorgruppe Daesh informiert hat. Demnach nutzen die Geheimdienste das Beziehungsnetz von Lafarge mit Terrorgruppen in Syrien, um Nachrichten aus der Region zu erhalten und ihre Operationen dort aufrechtzuerhalten. Sie enthüllten zudem, dass der französische Geheimdienst das Handeln des Unternehmens billigte und Lafarge nicht davon abhielt, Straftaten zu begehen.
8 Sep. 2021
Frankreich: Ermittlungen gegen Lafarge wegen Geschäften mit Terrorgruppen
Nach brisanten Enthüllungen ist der Lafarge-Konzern ins Visier der französischen Justiz geraten. Es geht um illegale Geschäfte und Kontakte zu Terrorgruppen in Syrien. NGOs, die zuvor gegen den Konzern geklagt hatten, begrüßten die Entscheidung.
TRT Deutsch
Ähnliche Nachrichten
Paris: Mehr als 140 Festnahmen nach Verabschiedung der Rentenreform
In Frankreich reißen die Unruhen wegen der umstrittenen Rentenreform nicht ab. In der Nacht zu Dienstag nahm die Polizei allein in Paris 142 Demonstranten fest. Sowohl linke als auch rechtsnationale Politiker wollen das Verfahren überprüfen lassen.
Selbe Kategorie
Unterwasser-Telefonkabel zwischen Deutschland und Finnland durchtrennt
Nach der Unterbrechung eines Unterwasser-Telefonkabels zwischen Deutschland und Finnland soll laut beiden Regierungen eine Untersuchung im Gange sein. Mögliche Ursachen wurden nicht bekanntgegeben. Beide Staaten seien „zutiefst besorgt“.
Worüber möchten Sie mehr erfahren?
Beliebt
Iran: Rätselhafte Vergiftungswelle beunruhigt die Bevölkerung
Bei einer landesweiten Anschlagswelle im Iran wurden Hunderte Schulmädchen vergiftet. In Regierungskreisen werden Extremisten dahinter vermutet. Eine offizielle Stellungnahme aus Teheran steht aber noch aus. Die Wut und Sorge der Eltern wächst.