Assange kommt nach zwölf Jahren frei / Photo: AA (AA)
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„Julian Assange ist frei”, verkündete Wikileaks in der Nacht zum Dienstag. Damit geht für den Gründer der Enthüllungsplattform ein zwölfjähriges Justizdrama zu Ende. Um freizukommen, schloss der 52-Jährige einen Deal mit der US-Justiz. Für Washington galt der Australier lange als Staatsfeind, seine Unterstützer hingegen feiern ihn als Kämpfer für die Pressefreiheit.

Ab 2010 hatte Wikileaks mehr als 700.000 vertrauliche Dokumente über militärische und diplomatische Aktivitäten der USA vor allem im Irak und in Afghanistan veröffentlicht. Die Papiere enthalten brisante Informationen, unter anderem über die Tötung von Zivilisten und die Misshandlung von Gefangenen.

Die USA wollten Assange deshalb wegen Spionage den Prozess machen, ihm drohte lebenslange Haft. In einem jahrelangen juristischen Tauziehen wurde um eine Auslieferung von Großbritannien in die Vereinigten Staaten gestritten.

Nun einigte sich der Whistleblower laut Gerichtsdokumenten mit der US-Justiz, sich in einem Fall der Verschwörung zur Erlangung und Verbreitung von Informationen zur Landesverteidigung schuldig zu bekennen. Wird seine Haftstrafe mit der Haft in Großbritannien verrechnet, ist Assange nach dem Gerichtstermin am Mittwoch auf den Marianen, einem US-Territorium im Pazifik, ein freier Mann.

Schon jetzt hat Assange einen hohen Preis für seine Enthüllungen bezahlt. 2012 floh er in die ecuadorianische Botschaft in London. Damals wurde ihm in Schweden Vergewaltigung vorgeworfen – ein Verfahren, das später eingestellt wurde. Ecuador gewährte dem Australier politisches Asyl und er versteckte sich sieben Jahre lang in der Botschaft.

Dort verliebte er sich in seine damalige Anwältin und heutige Frau Stella und bekam mit ihr zwei Kinder. Doch nach einem Machtwechsel in Quito übergaben die Ecuadorianer Assange 2019 der britischen Polizei. Seither wurde er im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh im Osten Londons festgehalten – unter Bedingungen, die der damalige UN-Sonderberichterstatter über Folter, Nils Melzer, nach einem Besuch als „psychische Folter” beschrieb. Gutachter beschrieben Assange als depressiv und suizidgefährdet. „Wenn er ausgeliefert wird, wird er sterben”, befürchtete seine Frau im Februar.

Assange wurde im australischen Queensland geboren und wuchs bei seiner Mutter auf, einer Künstlerin, mit der er in den ersten 15 Lebensjahren an mehr als 30 Orten in Australien lebte. Später studierte er in Melbourne Mathematik, Physik und Informatik und bekam seinen ersten Sohn.

Bereits als Teenager entdeckte Assange sein Talent als Hacker und knackte die Websites der Nasa und des Pentagon. Mehrfach musste er deswegen Geldstrafen zahlen. 2006 gründete Assange mit gleichgesinnten Aktivisten und IT-Experten Wikileaks. „Wir schaffen einen neuen Standard für eine freie Presse”, sagte er 2010.

Wikileaks sorgte für Aufsehen, etwa 2010 mit der Veröffentlichung eines Videos, das tödliche Schüsse aus einem US-Kampfhubschrauber auf zwei Journalisten und irakische Zivilisten in Bagdad im Jahr 2007 zeigte. Die Aufnahmen lösten international Empörung aus. Auch heikle Informationen zum Afghanistan-Einsatz der USA wurden öffentlich.

Assanges Image als weißhaariger „Cyber-Warrior” litt im Laufe der Jahre - insbesondere als Wikileaks 2016 während des US-Präsidentschaftswahlkampfs tausende E-Mails aus dem Team der demokratischen Kandidatin Hillary Clinton veröffentlichte, was dem Republikaner Donald Trump zugute kam. Laut dem US-Geheimdienst stammten die Dokumente von russischen Agenten, was Wikileaks jedoch bestreitet. Diese Veröffentlichung nährte bei Kritikern den Verdacht, Assange arbeite mit Russland zusammen.

Als Wikileaks Dokumente ungeschwärzt veröffentlichte und damit Quellen gefährdete, brachte Assange das auch die Kritik jener Medien ein, die zuvor mit ihm zusammengearbeitet hatten. Dennoch forderten „Der Spiegel”, die „New York Times” und andere Zeitungen 2022 Washington auf, die Anklage gegen Assange fallen zu lassen: „Denn Journalismus ist kein Verbrechen.”

AFP