Obwohl das Metaversum für den einen oder anderen noch ein sehr neues Phänomen ist, führen viele schon sehr aktiv in der parallelen Welt ein virtuelles Leben. Saudi-Arabien hat vor ein paar Tagen bekannt gegeben, es wolle die Pilgerstadt der Muslime im Metaversum freigeben. Andererseits gibt es schon erste Meldungen über Übergriffe und Belästigungen im Metaversum. Wo soll diese virtuelle Welt hinführen und wie werden rechtliche Maßnahmen durchgeführt? Und kann man eine Demokratie in einer virtuell dezentral aufgebauten „Welt“ garantieren?
Saudi-Arabien ist eines der Länder, die im digitalen Zeitalter an erster Stelle Fuß fassen wollen. So hat das Land zuletzt verkündet, die Pilgerstadt der Muslime ins Metaversum integrieren zu wollen. Dadurch sollen Muslime die Möglichkeit bekommen, die Pilgerstadt Mekka virtuell zu besuchen. Das hört sich zunächst sehr praktisch an, was es ja auch eigentlich ist. Denn jedes Jahr pilgern Millionen von Gläubige nach Mekka, um ihren religiösen Pflichten nachzukommen, was mit sehr hohen Kosten verbunden ist. Viele Muslime werden daher diese Gelegenheit nutzen und von ihrem Wohnort aus die Pilgerstadt ohne große Kosten besichtigen. Ob die virtuelle Pilgerfahrt den gleichen Wert wie die reale Pilgerfahrt hat, ist ein anderes Streitthema, das von Religionswissenschaftlern detailliert ausdiskutiert werden muss. Doch Fakt ist: Die öffentlich betretbare heilige Stadt wird im Metaversum ein offenes Ziel für Angriffe jeglicher Art werden.
Allein 900 Angriffe In Deutschland
Die aktuellsten Daten über islamfeindliche Angriffe allein in Deutschland stammen aus dem Jahr 2020. Doch selbst diese Daten lassen grübeln. Denn laut bundesweit gemeldeten Fällen gab es allein 2020 über 900 islamfeindliche Angriffe. Diese Angriffe sind zum größten Teil Angriffe auf Gebetsstätte. Dies sind Zahlen und Fakten, die im realen Leben für einen Schock sorgen. Wenn man nun bedenkt, dass die Virtualität für Nutzer nicht als realer Ort angesehen wird, was ermutigt, kann man erahnen, dass radikal eingestellte Nutzer im Metaversum viel aggressiver handeln werden als im realen Leben. Nun mag der eine oder andere denken, dass ein Angriff im realen Leben viel fatalere Auswirkungen hat als im virtuellen Leben, was auch zunächst richtig ist. Bewiesen ist jedoch, dass psychische Angriffe langfristig viel schlimmere Folgen haben als physische. Durch psychische Angriffe kann man Menschen radikalisieren, zu Einzelgängern machen und letztendlich dafür sorgen, dass sie zu potentiellen Angreifern werden.
Im realen Leben kann man diese Personen zwar orten und mit Hilfe neuster Technologien auch sehr gut nachverfolgen. Doch wie will man dies im Metaversum bewerkstelligen, wo jeder der Schöpfer seines eigenen Avatars ist? Jeder hat die Möglichkeit, sein eigenes Ich neu zu erfinden und sich selbst zu erschaffen. Im Metaversum gibt es weder Ausweisnummern noch Informationen, mit denen man diese Personen ausfindig machen oder gar nachverfolgen kann.
In einer Welt, die virtuell und noch dazu dezentral aufgebaut ist, in der bis dato überhaupt keine rechtlichen Richtlinien existieren und jeder Nutzer furchtlos seine eigene Herrschaft gründen kann, ist mit Radikalisierung, Terrorismus, Belästigungen, Angriffen und nicht zuletzt mit Übergriffen zu rechnen.
Trotz dieser Erkenntnisse gibt es bis heute keinerlei Seminare, gefördert von den jeweilig zuständigen Ministerien, die für Aufklärungsarbeiten sorgen würden. Im Moment tappen wir im Dunklen. Nutzer, die interessiert am Metaversum sind, sind uns viele Schritte voraus. Sie werden auch in Zukunft diejenigen sein, welche die Führungsrolle im Metaversum übernehmen werden.
Mit Geld ist alles machbar
Wenn wir zum eigentlichen Thema zurückkommen, muss noch ein wichtiger Punkt angesprochen werden. Sobald die Pilgerstadt im Metaversum existiert, wird sie einen Verkaufswert haben. Wenn die Pilgerstadt zum Verkauf gestellt wird, hat jeder die Möglichkeit, sich die Stadt zu kaufen. Ist man einmal Besitzer dieser Stadt, kann man machen, was man möchte. Ein aktuelles Beispiel dafür: Ein Fenerbahçe-Fan hat sich das Stadium der türkischen Fußballmannschaft Trabzonspor im Metaversum gekauft und überall Flaggen der Mannschaft Fenerbahçe aufgehängt. Dies hat kurzzeitig zu Spannungen zwischen Fans der beiden Mannschaften geführt. Doch wer am meisten Geld bietet, ist eben Besitzer und auch Herrscher dieser Fläche.
Man könnte nun einwenden, dass man eine religiöse Pilgerstadt nicht mit einem Fußballstadion vergleichen kann, doch man sollte nicht vergessen, dass Fanatismus, egal auf welchem Gebiet, Menschen dazu bringt, das zu machen, was mit gesundem Menschenverstand nicht nachvollziehbar ist. Sogar erste sexuelle Übergriffe im Metaversum wurden nun gemeldet.
Erster Übergriff im Metaversum
Der erste sexuelle Übergriff im Metaversum wurde im November vergangenen Jahres gemeldet. Eine Frau wurde auf einer Plattform, die vom Metaversum freigegeben wurde, sexuell belästigt, und sie wird wohl nicht die letzte bleiben. Die Plattform nennt sich Horizon Worlds. Auf ihr können sich bis zu 20 Avatare im virtuellen Raum treffen, ihn erkunden und umstrukturieren. Erste Beschreibungen der Plattform erinnern an das Survival-Computerspiel Minecraft. Doch ganz so harmlos scheint diese Plattform nicht zu sein. Laut Meta meldete eine Userin am 26. November während der Testphase, sie sei in Horizon Worlds von einem Fremden sexuell belästigt worden. Wenig später postete sie ihr Erlebnis auf Facebook.
Die Vizepräsidentin von Horizon, Vivek Sharma, nannte den Vorfall „absolut bedauerlich“ und sagte: „Das Feedback ist trotz allem gut für uns, denn ich möchte, dass die Sicherheitsfunktion einfach zu finden und anzuwenden ist.“
Es ist nicht das erste Mal, dass ein Nutzer in virtuellen Welten belästigt wurde – und es wird leider auch nicht das letzte Mal bleiben. Solange die Unternehmen keinen Weg finden, die Teilnehmer zu schützen, wird niemand im Metaversum wirklich sicher sein. Hier darf man die Verantwortung nicht nur den Unternehmen geben, es müssen staatliche Maßnahmen die international anerkannt werden, getroffen werden.
Das Metaversum ist zurzeit noch Neuland. Doch bevor man komplett den Überblick darüber verliert, müssen schnellstmöglich Maßnahmen getroffen werden, um das Wohl der Nutzer zu garantieren, im besten Fall in Form von Aufklärungsarbeiten. Länder müssen sich zusammensetzen und über gut durchdachte Richtlinien sprechen. Denn ansonsten wird in Zukunft eine parallele Welt entstehen, in der Menschen genau das machen, was sie im realen Leben aufgrund rechtlicher Maßnahmen nicht machen können.