Die Flaggen der EU sowie von Bosnien und Herzegowina wehen im Wind. (AA)
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Ein Beispiel für den Ausspruch „Ein schlechter Frieden ist besser als ein Krieg“ ist dieser Tage wieder in Bosnien und Herzegowina zu sehen. Dreißig Jahre nach Kriegsende durchleben wir dort immer noch Auswirkungen, Schwierigkeiten und Bedrohungen des schlechten Friedens, der den Bosniern aufgezwungen wurde.

Mit dem Friedensabkommen von Dayton wurde das Büro des Hohen Repräsentanten (OHR) in Bosnien und Herzegowina eingerichtet. Diesem wird immense Autorität eingeräumt, mit der fast alles im Land geändert werden kann, einschließlich der Entlassung von Präsidenten oder dem Erlass bzw. der Aufhebung von Gesetzen. So gesehen, kann der Hohe Repräsentant das tun, was denjenigen, die an der Spitze des Landes stehen und eigentlich das Land regieren sollen, verwehrt bleibt. Womöglich haben diejenigen, die damals Dayton vorbereitet und durchgesetzt haben, deshalb ein so groteskes System in Bosnien und Herzegowina eingeführt. Denn möglicherweise war es das Ziel, das Land unter Kontrolle zu halten, wer weiß das schon.

Das Büro des Hohen Repräsentanten steht über dem Staat

Die Befugnisse des Hohen Repräsentanten werden anhand der jüngsten Entwicklungen deutlich. Vor einem Jahr hatte Valentin Inzko, der meistkritisierte Vorgänger des jetzigen Hohen Repräsentanten, seine Amtszeit mit der Einführung eines wichtigen Gesetzes beendet. Obwohl der Genozid an den bosnischen Muslimen vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag festgestellt wurde, leugneten serbische Politiker in Bosnien und Herzegowina laufend den Völkermord von Srebrenica. Kurz bevor Inzko sein Mandat übergab, führte er ein Gesetz ein, das die Leugnung des Völkermords in Srebrenica unter Strafe stellt. Entsprechend drohen für das Leugnen des Völkermords im Land empfindliche Strafen. Der nach Inzko berufene Hohe Repräsentant Christian Schmidt erließ dann ein Gesetz, das die Freigabe des für die in diesem Jahr geplanten Parlamentswahlen erforderlichen Budgets für die Wahlkommission sicherstellt. Denn die kroatischen Vertreter in Bosnien und Herzegowina verhinderten die Genehmigung des erforderlichen Haushalts.

Die kroatischen Vertreter in Bosnien und Herzegowina fordern schon seit langem Änderungen im Wahlgesetz. Dabei argumentieren sie, dass das kroatische Mitglied des Präsidialrats letztendlich mithilfe bosniakischer Stimmen bestimmt wird. Dies ist eigentlich nur ein Scheinargument. Mit der vorgeschlagenen Wahlrechtsreform wollen die kroatischen Politiker das Land eigentlich weiter spalten und damit in Friedenszeiten erreichen, was ihnen im Krieg nicht gelungen war. Gemäß dem Abkommen von Dayton wird der Präsidentschaftsrat des Landes von einem bosniakischen, einem kroatischen und einem serbischen Mitglied gebildet. Während aber bosnische und kroatische Kandidaten von Wählern gewählt werden, die in der Föderation Bosnien und Herzegowina registriert sind, wird der serbische Kandidat von registrierten Wählern gewählt, die in der serbischen Region leben. Dies wird durch das Dayton-Abkommen festgelegt und entsprechend umgesetzt. Obwohl es absurd anmutet, hat das Land drei Präsidenten, damit drei Nationen vertreten sind, und niemandem wird, wie behauptet, Unrecht getan. Normal ist eigentlich, dass es nur einen Präsidenten gibt, aber den gibt es in diesem Beispiel für einen schlechten Frieden nicht.

Kroaten wollen das Land weiter spalten

Die kroatische Seite beharrt schon seit Jahren auf ihren Forderungen. Um diese durchzusetzen, verhinderte sie die Verabschiedung des diesjährigen Wahlhaushalts und forderte sogar, dass die Wahlen erst gar nicht abgehalten werden. Der Hohe Repräsentant Schmidt sorgte zwar für die Verabschiedung des Budgets, aber den Medien entging es nicht, dass er Schritte vorbereitete, die den Kroaten gefallen und die Bosnier verärgern würden. Entsprechend ist das meistdiskutierte Thema in Bosnien und Herzegowina in letzter Zeit der Vorwurf, dass der Hohe Repräsentant Schmidt Änderungen des Wahlgesetzes vorbereitet, die den Forderungen der Kroaten entgegenkommen. Nach den von vielen Quellen in den lokalen Medien bestätigten Informationen würden die von Schmidt vorbereiteten Wahländerungen zu weiteren Spaltungen und ethnischen Diskriminierungen im Land führen. Gemäß diesen Quellen würden nach der ursprünglich geplanten Änderung des Wahlgesetzes, die Schmidt durchsetzen wollte, die Abgeordneten für die Volksversammlung der Kantone, dem Oberhaus des Landes, nur von den Nationen gewählt werden können, die in den Kantonen die Mehrheit haben. Mit anderen Worten, die Minderheiten im Kanton hätten keinen Vertreter in der Volksversammlung, und die Diskriminierungen im Land würden sich weiter verschärfen. Denn Bosnien und Herzegowina ist ein Staat, der sich aus Kantonen zusammensetzt, und die ethnische Struktur des Landes hat sich nach dem Krieg dramatisch verändert. Überdies soll der Präsident der Föderation Bosnien und Herzegowina gemäß den erwähnten Änderungen nicht mehr mit den Stimmen von sechs Delegierten, sondern von acht Delegierten gewählt werden, was ebenfalls einer Änderung im Interesse der kroatischen und serbischen Seite gleichkommt.

In Bosnien und Herzegowina gingen die Menschen auf die Straße

Alle bosnischen Parteien in Bosnien und Herzegowina gaben Erklärungen gegen die vermuteten Vorbereitungen von Schmidt ab. Nermin Nikşiç, Vorsitzender der SDP, eine der führenden linken Parteien des Landes, unterstrich, dass sich alle Parteien in dieser Frage einig seien, und erklärte darüber hinaus, die SDP werde alle Anstrengungen unternehmen, um die multiethnische Struktur von Bosnien und Herzegowina zu verteidigen, und sie werde gegenüber denjenigen nicht schweigen, die diese zu schädigen versuchen. Nikşiç weiter: „Den im Raum stehenden Änderungen zufolge würde die kroatische HDZ Bosnien und Herzegowina mit etwa hunderttausend Stimmen die volle Kontrolle über die politischen Prozesse in der Föderation Bosnien und Herzegowina erlangen, wohingegen beispielsweise ein Oppositionsblock mit fünfhunderttausend Stimmen keinerlei Garantie für Einfluss und Kontrolle auf Gesetzgebungsverfahren erhält. In welchem ​​EU-Land gibt es so etwas?“

Die SDA, eine weitere führende Partei des Landes, gab ebenfalls eine schriftliche Erklärung ab, in der das OHR-Büro aufgefordert wird, auf die inakzeptablen Vorschläge zu reagieren, die, wenn sie denn eingeführt werden sollten, in ihrer jetzigen Form Gegenstand des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sein würden. Auch Parteichef Bakir Izetbegovic forderte Schmidt auf, die bestehende Verfassung nicht zu ändern. In einer schriftlichen Erklärung verlautbarte die DF, eine weitere Oppositionspartei des Landes, Schmidt würde mit diesen Änderungen die Föderation Bosnien und Herzegowina an die Kroaten und Serben übergeben, und sie würde sich auf jede erdenkliche Weise dagegen wehren. Der Parteivorsitzende und das derzeitige kroatische Mitglied des Präsidialrates von Bosnien und Herzegowina, Zeljko Komsic, beschrieb die im Raum stehenden Änderungen als eine Fortsetzung der Teilung des Landes und erklärte, dass die Bürger diese ethnische Spaltung nicht akzeptieren würden.

Der Hohe Repräsentant will das Unmögliche

Alle Parteien riefen die Bürger auf, vor dem OHR-Büro zu protestieren, und entsprechend gingen tausende Menschen auf die Straße. Tatsächlich wurde diese Aktion tagelang fortgesetzt. Ein Punkt, der den Ärger noch verstärkte, war das Schweigen des Hohen Repräsentanten Schmidt. Nach Tagen des Schweigens trat Schmidt am 27. Juli vor die Öffentlichkeit und erklärte, er werde nur einige „technische Änderungen“ vornehmen und gebe den Parteien in Bosnien sechs Wochen Zeit, sich untereinander auf die offenstehenden Fragen zu einigen. Wie aber sollen Parteien, die sich jahrelang nicht einigen konnten, nunmehr in sechs Wochen zu einer Einigung kommen? Soll die Unterwerfung der Bosnier durch Kroaten und Serben, die seit Jahren Änderungen fordern, die den Bosniern schaden und ihre Rechte einschränken, die erwartete Einigung sein?

Je näher die Parlamentswahlen im Land rücken, desto intensiver stellt sich die Frage, ob das OHR die Wünsche der Kroaten erfüllen will, wenn der Hohe Repräsentant Schmidt die zirkulierenden Vorschläge unterbreitet. Europa konnte schon den Krieg und den Völkermord nicht verhindern. Wird es nun sogar zu einer weiteren Spaltung Bosnien und Herzegowinas beitragen?

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