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Evliya Çelebi bereiste im 17. Jh. Orte auf drei Kontinenten. Seine Schilderungen haben für das Verständnis der türkischen Kulturgeschichte eine besondere Bedeutung.

Das Reisen gehörte zu Evliya Çelebis großer Leidenschaft und sollte sein ganzes Leben bestimmen. Er war vieles in einem: Schriftsteller, Soldat, Beamter, Koranrezitator, Muezzin, Globetrotter und Unterhalter. Aus seiner Feder entstammen die zehn Bände der Seyahatnâme („Reisebuch“). Seine Schilderungen haben für das historische Verständnis und als Literaturquelle der türkischen Kulturgeschichte eine besondere Bedeutung. Geboren am 25. März 1611 in Istanbul erhielt der Sohnemann durch die Anstellung seines Vaters als oberster Goldschmied am Hofe des Sultans eine solide Ausbildung. Seinen Namen Evliya, was übersetzt der Heilige bedeutet, hat er wohl dem Palast-Imam Evliya Mehmet Efendi zu verdanken, der mit seinem Vater befreundet war. Der polyglotte Çelebi beherrschte neben Osmanisch, Arabisch, Persisch auch Griechisch und etwas Latein. Um des Reisens willen nahm er vieles in Kauf.

Er begann seine Streifzüge zunächst in seiner Heimatstadt Istanbul. 1640 kam er das erste Mal in der alten osmanischen Hauptstadt Bursa an. Zuvor war er durch die Hilfe seines Onkels Melek Ahmed Pascha als Leibkavallerist am Palast des Sultans eingestellt worden. Im zweiten Band seines Reiseberichts schwärmt Çelebi von der Samtproduktion in Bursa. Hier ein ins Deutsche übersetzter Auszug aus seinem Bericht: „Zunächst einmal wird sehr unterschiedlicher roter Samt verarbeitet und dieser wird nicht einmal im europäischen Genua produziert. Farbige Stoffe, gewebter farbiger Stoff aus Bursa, dunkel Olivgrüne und blaue Baumwollstoffe, Pestemal-Tücher, Geldbörsen aus Bursa-Seide und Seidenfäden haben Berühmtheit erlangt. Bestickte Samtkissen.“

Seine Exkursionen gingen weiter über Izmit, Trabzon und später auf die Halbinsel Krim. Es war um 1642 auf der Rückreise im Schwarzen Meer nach Istanbul, als sein Schiff in einen heftigen Sturm geriet und sank. Wie durch ein Wunder konnte er sich auf einem Holzstück retten, weil sein Schiff sich Unweit der bulgarischen Küste befand.

Im Jahre 1645 brach er unter der Führung von Yusuf Pascha mit der osmanischen Armee nach Kreta auf und war bei der Eroberung von Hanya (Chania) zugegen. Ein Jahr später wurde Çelebi als Muezzin und Zollbeamter von Mehmet Pascha nach Erzurum berufen. Unterwegs nach Erzurum ließ sich Çelebi nicht nehmen, die vielen kleinen Städte und Dörfer zu erkunden. Die Arbeit als Zollbeamter in Erzurum sollte aber nur von kurzer Dauer sein. Anschließend begleitet er den Botschafter des Khanats Täbris und nutzt die Gelegenheit, Georgien und Aserbaidschan näher kennenzulernen.

Zeitweise wurde er als Postkurier eingesetzt, was ihm wohl sehr gelegen kam. Im August 1648 macht er sich mit dem Generalgouverneur von Damaskus, Murtaza Pascha, von Istanbul aus auf den Weg nach Syrien. Vom dortigen Gouverneur wird er nach Palästina geschickt. Nach der Versetzung des Generalgouverneurs nach Erzurum entschließt sich auch Evliya Çelebi zur Rückkehr nach Ostanatolien. 1650 kehrt er schließlich nach Istanbul zurück.

Nach einem kurzen Intermezzo als Großwesir wurde Melek Ahmed Pascha später zum Generalgouverneur in Rumelien ernannt, wodurch Çelebi die Möglichkeit bekam, den gesamten Balkan zu bereisen. Er war oft im Dienst des Sultans unterwegs und übermittelte wichtige Nachrichten politischer und administrativer Art.

Aus den Grenzen unserer heutigen Zeit betrachtet, bereiste er, meistens auf dem Sattel, etwa 45 Länder auf drei Kontinenten. Das Besondere an seinen Reiseberichten sind seine vielfältigen und detaillierten Schilderungen über die Geschichte, Kultur und Architektur in den bereisten Orten. Allerdings hat Çelebi nicht nur seine Beobachtungen niedergeschrieben, sondern auch schriftliche Quellen benutzt. Was seine Arbeit ebenfalls auszeichnet: Er vergleicht die christlich geprägten Territorien Europas mit dem Osmanischen Reich.

Ein wesentliches Merkmal von ihm: seine grenzenlose Neugier auf andere Kulturen und Sprachen, die in seinen Reiseerinnerungen deutlich wird. Nach der Belagerung von Uyvar (heute Nové Zámky in der Slowakei) durch die osmanische Armee reiste Çelebi in Begleitung von Sklaven bis nach Amsterdam. Der Einlass in die Stadt wurde ihm aber verwehrt (1663-1664), woraufhin er nach einem Tag wieder die Rückreise antreten musste. Bei seiner zweiten Erkundung (1664-1665) weilte er gerade in Wien, als er vermutlich vom Kaiser des Heiligen Römischen Reiches das Dokument für die Reiseerlaubnis erhielt. So machte er sich auf den Weg dorthin. Es folgten Frankreich, Dänemark und Schweden.

Für die Exkursion nach Europa benötigte Çelebi drei Jahre. Zu unterscheiden ist zwischen den von ihm selbst verfassten Reiseberichten und historischen Dokumenten über seine Person, die sich in den Archiven anderer Länder befinden. In einem österreichischen Archivdokument wird Çelebi in der Delegation des nach Wien neu entsandten Botschafters Kara Mehmet Pascha als Muezzin aufgeführt. Als Schüler besuchte Çelebi eine Koranschule und erhielt später den Titel Hafiz. Das ist eine Person, die den Koran auswendig kann. An der theologischen Hochschule schloss er zudem erfolgreich sein Studium ab und wurde an der Hohen Pforte zum Koran Rezitator berufen.

In einem in griechischer Sprache verfassten Dokument geht es um eine von Çelebi erstellte Wegbeschreibung zum griechisch-orthodoxen Katharinenkloster auf der ägyptischen Halbinsel Sinai.

Übrigens befinden sich die Reiseberichte des nimmermüden Evliya Çelebi im Topkapi-Museum in Istanbul, wobei Historiker die ersten acht Bände als die Originalhandschrift von ihm einstufen. Über den Zeitpunkt seines Todes gibt es unterschiedliche Angaben. Auch wenn es heißt, er sei 1685 in Kairo gestorben: Nach Ansicht von Geschichtswissenschaftlern liegen darüber keine genauen Erkenntnisse vor. 1841 erschien erstmals eine Auswahl aus seinen Bänden. 1896 wurde mit der Veröffentlichung seines gesamten Werkes begonnen, die bis 1938 andauerte. Einige Wissenschaftler waren mit der Transkription nicht zufrieden. Sie monierten, die von Çelebi verwendete Sprache sei nicht richtig wiedergegeben und viele Begriffe seien falsch übersetzt worden.

Die zwei Wissenschaftler Yücel Dağlı und Seyit Ali Kahraman nahmen sich 1996 dieser großen Aufgabe an. Sie übersetzten das Werk ins Türkische. Nach elf Jahren mühevoller Arbeit wurde gegen Ende 2007 das zehnte Band der Öffentlichkeit vorgestellt. Auf Deutsch ist bisher eine begrenzte Auswahl an Übersetzungen des Reiseschriftstellers erschienen. Eine Publikation beschäftigt sich mit Wien und Südalbanien. Darüber hinaus ist in den Bonner Islamstudien Evliya Çelebis Reisebericht über die Krim publiziert worden. Die Übersetzung „Im Reiche des Goldenen Apfels“ beschäftigt sich mit Çelebis Reisebericht aus dem Jahr 1665 über das „Land der Ungläubigen“ (Giaurenland). Darin geht es um Wien und die Wiener Festung. Ohne die Arbeit der anderen Wissenschaftler schmälern zu wollen: Robert Dankoff gilt im englischsprachigen Raum als einer der besten Kenner Evliya Çelebis. Dankoff hat mit Nuran Tezcan aus den Seyahatnâme-Bänden von Çelebis Reiseberichten über Ägypten („Ottoman Explorations of the Nile“) ins Englische übersetzt. Daneben gibt es noch eine weitere Übersetzung, die auszugsweise von Dankoff und Sooyong Kim übersetzt wurde.