Ifo-Präsident Clemens Fuest sieht die deutsche Wirtschaft durch den demografischen Wandel und einen Investitionsstau vor großen Herausforderungen. In einem Pressegespräch mit der Auslandspresse betonte er die Bedeutung von Reformen, um die Zukunftsfähigkeit zu sichern.
Schrumpfende Erwerbsbevölkerung und ihre Folgen
Die Zukunft der deutschen Wirtschaft ist laut Fuest von einer langfristig nachlassenden Wachstumsdynamik geprägt. Verschärft werde dies durch den demografischen Wandel. Eine schrumpfende Erwerbsbevölkerung führe zu weniger Arbeitskräften und reduziere damit das Wachstumspotenzial der Wirtschaft. Viel hänge davon ab, ob „wachstumsfreundliche wirtschaftspolitische Reformen“ umgesetzt würden, so Fuest.
Der Ifo-Präsident forderte daher verstärkte Anstrengungen, um die Potenziale auf dem Arbeitsmarkt besser auszuschöpfen. Im OECD-Vergleich leisteten die Erwerbstätigen in Deutschland die wenigsten Arbeitsstunden pro Kopf. Dies sei ein Indikator für brachliegende Kapazitäten. Durch Reformen des Arbeitsmarktes sowie des Steuer- und Transfersystems könnten zusätzliche Wachstumsimpulse gesetzt werden.
Ein zentrales Problem seien die sinkenden Anreize, mehr zu arbeiten. Nach einer Studie des Ifo-Instituts profitieren Geringverdiener kaum von höheren Einkommen, weil die Abgabenbelastung zu hoch sei.
Investitionsstau bremst Wirtschaftswachstum
Fuest kritisierte auch die schlechten Rahmenbedingungen für Investitionen in Deutschland.
Seit 2019 lägen die Unternehmensinvestitionen rund 10 Prozent unter dem Vorkrisenniveau. Damit sinke nicht nur die Produktivität, sondern auch die künftige Wirtschaftskraft.
Die Situation auf dem Wohnungsmarkt trägt wesentlich dazu bei. Mit dem Rückgang der Investitionen in diesem Bereich sind weitreichende Folgen auch für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung verbunden. Wohnungsknappheit und hohe Mieten hemmten die Mobilität der Arbeitskräfte und damit die wirtschaftliche Dynamik.
Innovation als Wachstumsmotor
Fuest unterstrich die Bedeutung von Innovationen, technologischer Entwicklung und Unternehmensgründungen. Hier hinke Deutschland im internationalen Vergleich hinterher. Es gebe Potenziale, die bei High-Tech-Unternehmen nicht ausgeschöpft würden.
Europa verharre in „alten Industrien“, während in den USA neue, innovationsorientierte Unternehmen entstanden seien.
Der Präsident des Ifo-Instituts sieht auch neue Herausforderungen aus den USA auf die deutsche Wirtschaft zukommen. Im Falle von Zöllen, die Donald Trump einführen könnte, sei Europa gut beraten, keine direkten Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Europa müsse eine klare Haltung zeigen und auf Kooperation setzen, aber auch glaubwürdige Drohungen aussprechen.
Fazit: Reformbedarf auf verschiedenen Ebenen
Deutschland müsse jetzt die richtigen Reformen angehen, um die Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte zu meistern, so Fuest. Investitionen, Innovationen und Forschung in neue Technologien müssten stärker gefördert werden. Andernfalls drohe Deutschland im internationalen Vergleich zurückzufallen, so der Ifo-Präsident.