Der deutsche Außenminister Heiko Maas will den Nahost-Plan von US-Präsident Donald Trump kritisch prüfen. Maas sagte, nur eine für beide Parteien akzeptable, verhandelte Zweistaatenlösung könne zu einem dauerhaften Frieden zwischen Israelis und Palästinensern führen.
„Der US-Vorschlag wirft Fragen auf, die wir jetzt mit unseren Partnern in der EU besprechen werden“, kündigte Maas am Dienstagabend nach Angaben des Auswärtigen Amts in Berlin an. „Das sind unter anderem Fragen nach der Einbeziehung der Konfliktparteien in einen Verhandlungsprozess sowie nach seinem Verhältnis zu anerkannten internationalen Parametern und Rechtspositionen.“
Trump hatte den Plan am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Washington gemeinsam mit Israels Premierminister Benjamin Netanjahu vorgestellt. Darin stellt er den Palästinensern einen eigenen Staat in Aussicht - allerdings unter erheblichen Zugeständnissen. Die Palästinenserführung hatte den Plan bereits vor der Vorstellung als Verstoß gegen UN-Resolutionen und geltendes Völkerrecht zurückgewiesen. Sie wirft Trump vor, in dem Konflikt einseitig Partei für Israel zu ergreifen und boykottierte deshalb die Zusammenarbeit.
Koordinator der Bundesregierung enttäuscht vom „Jahrhundert-Deal“
Der Koordinator der Bundesregierung für die transatlantischen Beziehungen, Peter Beyer, zeigte sich enttäuscht vom Nahost-Plan des US-Präsidenten Donald Trump. „Ein großer, umsetzbarer Wurf ist Donald Trumps Plan sicher nicht“, sagte der CDU-Politiker. Für einen dauerhaften Frieden müssten die legitimen Interessen beider Seiten berücksichtigt werden.
Beyer monierte unter anderem die Widersprüche in der Hauptstadt-Frage, die Verwirrung stifteten. Trump hatte Jerusalem einerseits als unteilbare Hauptstadt Israels bezeichnet, gleichzeitig den Palästinensern aber eine Hauptstadt in Ost-Jerusalem zugestanden.
„Ich bin enttäuscht vom groß angekündigten Jahrhundert-Deal“, sagte der Transatlantik-Koordinator. „Wo versteckt sich dieser bei den vom US-Präsidenten vorgestellten Details?“
Israelischer Verteidigungsminister fordert sofortige Annexion
Falken in Israel schlagen indes einen unversöhnlichen Ton ein. Nach Veröffentlichung des US-Plans für den Nahen Osten hat der frühere israelische Bildungsminister Naftali Bennett eine sofortige Annektierung von Israels Siedlungen im besetzten Westjordanland gefordert.
Seiner Meinung nach muss Israel umgehend rund 30 Prozent des Westjordanlands unter seine staatliche Kontrolle bringen. „Gestern Abend hat die Geschichte an der Tür geklopft und uns eine einmalige Gelegenheit geboten, israelisches Gesetz auf all die Siedlungen in Judäa und Samaria (Westjordanland) und das Jordantal auszuweiten”, zitiert die „Welt“ den rechten Politiker aus Israel.
Trumps Botschaft: „Friss oder stirb“
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen, kritisierte den Nahost-Vorstoß von US-Präsident Donald Trump scharf. Der Plan enthalte völkerrechtswidrige Elemente, sagte der CDU-Politiker am Mittwoch im Deutschlandfunk. So wäre eine Anerkennung der Souveränität Israels über die palästinensischen Siedlungsgebiete nicht mit dem Völkerrecht vereinbar. Trumps Plan habe mehr Probleme aufgeworfen als etwas zum Frieden zwischen Israel und den Palästinensern beigetragen. So einen Vorschlag könne man nicht einfach so „als Endstadium präsentieren“, sagte Röttgen.
Trumps Vorstoß war nach Ansicht Röttgens „ein Rückschritt und kein Fortschritt“. Der US-Präsident habe den Palästinensern seinen Plan als Ultimatum präsentiert - nach dem Motto „friss oder stirb“.
US-Plan verletzt Rechte der Palästinenser
Bei den Palästinensern war der Vorstoß Trumps auf breite Ablehnung gestoßen. Der Plan werde „im Mülleimer der Geschichte landen“, sagte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas am Dienstag. „Nachdem wir all diesen Müll gehört haben, sagen wir erneut ‚Nein‘ zum ‚Deal des Jahrhunderts‘.“
Auch die Arabische Liga kritisierte den Versuch Trumps, palästinensische Grenzen und Rechte neu zu regeln. Der US-Plan verletze die legitimen Rechte der Palästinenser über ihr eigenes Land. Ein gerechter und dauerhafter Frieden könne nicht erreicht werden, solange die israelische Besatzung palästinensischer Gebiete ignoriert werde.
Die Linke: Das ist ein Annexionsplan und darf nicht unterstützt werden
Für einen Friedensprozess in Nahost sei gerade nicht der richtige Moment, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen. Stattdessen solle man sich um Probleme des praktischen Lebens kümmen und etwa die Lebenssituation der Palästinenser verbessern und die Sicherheit Israels gewährleisten. Röttgen forderte Europa auf, sich zu Trumps Plan zu positionieren. „Wir müssen klar sagen, wie wir das bewerten“, sagte Röttgen.
Nach den Worten des außenpolitischen Sprechers der Grünen-Bundestagsfraktion, Omid Nouripour, kann es keine dauerhafte Lösung für den Nahost-Konflikt ohne eine Zwei-Staaten-Regelung geben. „Es kann aber auch auf dem Weg dahin keinen Ersatz für direkte Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern geben. Jegliche einseitige Maßnahmen aber versperren genau diesen Weg. Genau diese Nachricht muss die Bundesregierung nun im europäischen Chor nachdrücklich allen Seiten übermitteln“, so Nouripour.
Aus Sicht des außenpolitischen Sprechers der FDP-Bundestagsfraktion, Bijan Djir-Sarai, bleibt zu hoffen, „dass der amerikanische Impuls sowohl von den am Konflikt Beteiligten als auch der internationalen Gemeinschaft als diplomatischer Weckruf für die verfahrene Situation verstanden und somit zu einem neuen, lösungsorientierten Dialog führen wird. Nur die Rückkehr an den Verhandlungstisch kann friedliche Einigungen bewirken.”
„Die vorgeschlagene Anerkennung zahlreicher Siedlungen im Westjordanland und der israelischen Präsenz im gesamten Jordantal ist völkerrechtswidrig und legitimiert den Landraub durch Israel“, schrieb die Linken-Bundestagsabgeordnete Heike Hänsel. „Das ist ein Annexionsplan und darf von der Bundesregierung nicht unterstützt werden.“
Jetzt gelte es mehr denn je, den Ausbruch neuer Gewalt zu verhindern und auf eine völkerrechtskonforme und von beiden Seiten akzeptierte Zwei-Staaten-Lösung zu drängen und dafür konkrete diplomatische Schritte zu unternehmen.