Die Türkei hat die wegen des Kaufs von russischem Raketenabwehrsystem S-400 verhängten US-Sanktionen scharf verurteilt. Die Türkei werde in angemessener Weise und Zeit die nötigen Schritte gegen diesen „schweren Fehler“ Washingtons unternehmen, teilte das türkische Außenministerium am Montag mit. Anstatt das Problem mit Diplomatie zu lösen, verhängten die USA Sanktionen, hieß es in der Mitteilung. Die USA wurden aufgerufen, ihre Entscheidung zu überdenken.
„Die Türkei wird die notwendigen Schritte gegen diese Entscheidung unternehmen, die unsere Beziehungen unweigerlich negativ beeinflussen wird, und sich in einer Weise und zu einem Zeitpunkt revanchieren, wie sie es für richtig hält“, hieß es in der Pressemeldung des türkischen Außenamtes.
Das Ministerium forderte Washington auf, „so schnell wie möglich von diesem schweren Fehler umzukehren“. Es betonte, dass Ankara zu Dialog und Diplomatie bereit sei.
Die US-Sanktionen zielen auf das türkische Präsidium der Verteidigungsindustrie, die militärische Beschaffungsbehörde des Landes, ihren Chef Ismail Demir und drei weitere hochrangige Beamte ab.
Die Sanktionen blockieren jegliches Vermögen der vier Beamten in der US-Jurisdiktion und verbieten ihre Einreise in die USA. Sie beinhalten auch ein Verbot von Exportlizenzen, Darlehen und Krediten an die Behörde.
Der von den Sanktionen betroffene Verteidigungsindustrie-Chef Demir erklärte auf Twitter: „Jegliche im Ausland getroffene Entscheidung gegen mich oder meine Institution wird meine Haltung und die meines Teams nicht ändern. Die türkische Verteidigungsindustrie kann in keiner Weise behindert werden.“
Der türkische Vizepräsident Fuat Oktay kommentierte, die Sanktionen würden die Entschlossenheit der Türkei zur Stärkung ihrer nationalen Interessen und der Verteidigungsindustrie unter der Führung von Präsident Recep Tayyip Erdoğan nur verstärken.
„Die Sanktionen eines Landes werden die entschlossene Haltung der Türkei nicht beeinflussen. Wir verurteilen diese Entscheidung und fordern die USA auf, von diesem Fehler so schnell wie möglich abzukommen“, sagte Oktay auf Twitter.
Präsidentensprecher Ibrahim Kalin unterstrich ebenfalls die entschlossene Haltung der Türkei gegenüber den Sanktionen. Die Türkei werde entschlossen weitere Schritte unternehmen, um ihre Ziele in der Verteidigungsindustrie zu erreichen.
Der Kommunikationsdirektor der Türkei, Fahrettin Altun, kritisierte, die Entscheidung der USA, Sanktionen zu verhängen, sei „unvernünftig, fruchtlos und letztlich unvereinbar mit dem Geist unserer Partnerschaft“.
Er fügte hinzu, Ankara erwarte von seinem NATO-Verbündeten anstelle von Sanktionen Unterstützung im Kampf gegen Terroristen.
In der Hoffnung, dass Washington seinen „schweren Fehler“ bald wieder rückgängig mache, sagte Altun, dass die Beziehungen zwischen der Türkei und den USA „viel zu wichtig sind, um für kurzfristige politische Ziele geopfert zu werden und um Anti-Türkei-Lobbys zu beschwichtigen“.
Ausschluss aus F-35-Programm
Der Schritt kommt zu einem heiklen Zeitpunkt in den Beziehungen zwischen Washington und Ankara. Die USA hatten die Türkei zuvor wegen des S-400-Erwerbs aus ihrem Entwicklungs- und Trainingsprogramm für den Tarnkappenjäger F-35 ausgeschlossen.
„Die Vereinigten Staaten haben der Türkei auf höchster Ebene und bei zahlreichen Gelegenheiten klar gemacht, dass der Kauf des S-400-Systems die Sicherheit der US-Militärtechnologie und des Personals gefährden und dem russischen Verteidigungssektor beträchtliche Mittel zuführen würde, ebenso wie ein russischer Zugang zu den türkischen Streitkräften und der Verteidigungsindustrie“, behauptete US-Außenminister Mike Pompeo.
„Die Türkei hat sich dennoch entschieden, mit der Beschaffung und Erprobung von S-400 fortzufahren, obwohl alternative, mit der NATO interoperable Systeme zur Verfügung stehen, um ihre Verteidigungsanforderungen zu erfüllen“, sagte er in einer Erklärung. „Ich fordere die Türkei dringend auf, das S-400-Problem in Abstimmung mit den Vereinigten Staaten sofort zu lösen.“
„Die Türkei ist ein geschätzter Verbündeter und ein wichtiger regionaler Sicherheitspartner für die Vereinigten Staaten, und wir wollen unsere jahrzehntelange Geschichte der produktiven Zusammenarbeit im Verteidigungssektor fortsetzen, indem wir das Hindernis des türkischen S-400-Besitzes so schnell wie möglich beseitigen“, geht aus der Pressemeldung weiter hervor.
Vergangenen Monat gab der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar zum wiederholten Mal zur Kenntnis, dass die Türkei bereit sei, mit den USA über ihre „Besorgnis“ bezüglich der Interoperabilität von S-400 und F-35 zu sprechen. Außerdem sei Ankara gezwungen gewesen, das russische System zu kaufen, weil die USA sich weigerten, der Türkei Patriot-Systeme aus US-amerikanischer Produktion zu verkaufen.
Russland, Iran und Aserbaidschan verurteilen USA
Der russische Außenminister Sergej Lawrow verurteilte die US-Entscheidung. Er nannte sie „eine weitere Manifestation einer arroganten Haltung gegenüber dem Völkerrecht, eine Manifestation illegitimer, einseitiger Zwangsmaßnahmen, die die USA seit vielen Jahren, bereits Jahrzehnten, links und rechts anwenden“.
Der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew schloss sich der Kritik an. Er bezeichnete die US-Entscheidung als „inakzeptabel“.
„Die Verhängung von Sanktionen gegen die Türkei ist unfair, während einige andere NATO-Mitglieder (Griechenland) ähnliche Luftabwehrsysteme einsetzen“, erinnerte Hikmet Hadschijew, außenpolitische Leiter der aserbaidschanischen Präsidentschaft, in einer Erklärung.
Der Iran kommentierte, dass die „Sanktionssucht“ der USA und die Missachtung des Völkerrechts „wieder in vollem Umfang zu sehen“ seien. „Wir verurteilen die jüngsten US-Sanktionen gegen die Türkei aufs Schärfste und stehen an der Seite ihres Volkes und ihrer Regierung“, sagte der iranische Außenminister Jawad Zarif.
15 Dez. 2020
TRT Deutsch
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