Feride Tavus
Nach dem Scheitern der Ampel-Koalition stellt sich eine zentrale Frage: Wer hat politisch von dem Bruch profitiert? Laut Peter Matuschek vom Meinungsforschungsinstitut Forsa fällt die Antwort ernüchternd aus: Keine der Regierungsparteien. Warum vor allem die FDP das Vertrauen der Wähler verloren hat, erklärt der Experte im Gespräch mit TRT Deutsch.
„Die Unzufriedenheit der Menschen mit vielen inhaltlichen Entscheidungen der vergangenen drei Jahre ist offensichtlich“, sagt Matuschek. Dazu kämen die ständigen öffentlichen Streitereien und die mangelhafte Kommunikation innerhalb der Regierung. „Weder der FDP noch der SPD oder den Grünen wird zugetraut, das Land erfolgreich zu regieren“, fügt Matuschek hinzu. Die negative Wahrnehmung treffe alle drei Koalitionsparteien gleichermaßen.
Ampel-Parteien in der Krise
Besonders drastisch sei der Vertrauensverlust gegenüber der FDP. Nur rund ein Drittel der Wähler von 2021 würden die Liberalen heute wieder wählen, so Matuschek. Die FDP sei den Erwartungen der Wähler nicht gerecht geworden. Das Versprechen, Bürokratie abzubauen oder den Mittelstand zu fördern, sei nicht eingelöst worden.
Auch die SPD stehe vor großen Herausforderungen. Sie kämpfe nach wie vor mit Umfragewerten von nur 15 bis 16 Prozent - deutlich schlechter als bei der letzten Bundestagswahl. Damit sei die Ausgangslage deutlich schlechter als vor der letzten Bundestagswahl, erklärt Matuschek.
Die Grünen stünden vergleichsweise etwas besser da. Dennoch stagnierten sie deutlich unter ihrem Wahlergebnis von 2021. „Obwohl die Grünen einen Teil ihrer Wähler halten konnten, leiden auch sie unter der allgemeinen Unzufriedenheit mit der Ampel-Regierung“, betont der Forsa-Experte.
Keine Chance für Olaf Scholz?
Nach Einschätzung von Matuschek ist eine erneute Kanzlerschaft von Olaf Scholz in der aktuellen politischen Situation nahezu ausgeschlossen. Der SPD fehle mit Scholz die Dynamik, um zu alter Stärke zurückzufinden. Selbst in der eigenen Anhängerschaft werde Scholz als chancenlos wahrgenommen. Mit Verteidigungsminister Boris Pistorius als Kanzlerkandidat könnte die SPD bis zu sechs Prozentpunkte zulegen.
AfD profitiert von Ampel-Frust
Während die Ampel-Parteien in den Umfragen weiter abrutschen, erlebt die AfD dagegen einen deutlichen Aufschwung. „Die AfD hat ihre Wählerschaft verbreitert und gewinnt immer mehr Menschen“, erklärt Matuschek.
Die Unzufriedenheit mit den Ampel-Parteien, insbesondere mit der FDP, habe wesentlich zur wachsenden Zustimmung für die AfD beigetragen. „Der Frust über die gebrochenen Versprechen der FDP und die allgemeine Enttäuschung in der Bevölkerung bilden den Nährboden für den Erfolg der AfD.“
Die Wählerschaft der AfD besteht laut dem Experten inzwischen aus zwei klar unterscheidbaren Gruppen: Zum einen gebe es den „harten Kern der treuen AfD-Wähler“. Dieser Teil der Wählerschaft zeichne sich durch ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild aus. Sie seien „klar gegen Migration, gegen die EU und äußern Sympathien für Persönlichkeiten wie Putin oder Trump“.
Der zweite Teil der Wählerschaft sei erst seit der Zeit der Ampel-Koalition zur AfD abgewandert. Auch diese Gruppe stamme nicht aus der politischen Mitte der Gesellschaft, sei aber weniger radikal eingestellt als der traditionelle Kern der AfD-Anhängerschaft.