Deutschland droht offenbar ein Mangel an Corona-Impfstoffen Anfang des kommenden Jahres. „In der Tat, wir haben zu wenig Impfstoff. Das hat viele überrascht – mich auch“, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Dienstagabend in den ARD-„Tagesthemen“.
Nach einer Inventur kamen die Experten seines Hauses zum Ergebnis, dass die Reserven und Bestellungen für Januar bis März nicht ausreichen. Kritik kam von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).
Alle Kanäle nutzen - aber EU-konform
Lauterbach sagte in der ARD, er arbeite bereits an einer Lösung und hoffe, in den kommenden Tagen eine positive Botschaft übermitteln zu können. „Das läuft über alle Kanäle, die zur Verfügung stehen, wir können hier nichts auslassen. Ich nutze auch die Kanäle, die wir direkt zu den Unternehmen haben, aber es muss alles EU-konform funktionieren“, erläuterte der Minister. „Wir müssen hier Geschwindigkeit gewinnen, von daher bin ich auf mehreren Ebenen hier unterwegs schon seit dem Wochenende.“
Laut dem „Spiegel“ hatte Lauterbach schon am Nachmittag in einer Sitzung der Gesundheitsminister von Bund und Ländern gesagt, dass von der Vorgängerregierung zu wenig Impfstoff beschafft worden sei. „Die Mengen reichen nicht, um die Booster-Impfkampagne zu fahren“, wurde der Minister zitiert. Dies gelte für das gesamte erste Quartal. Im Januar würden nur rund 1,2 Millionen Impfdosen von Biontech für Booster-Impfungen zur Verfügung stehen, hieß es. Dies sei etwa ein Sechstel der vorherigen Menge.
Der KBV-Vorsitzende Andreas Gassen sagte der „Bild“ (Mittwochsausgabe), das Eingeständnis des Mangels sei ein „fatales Signal“ an alle, die gerade mit vollem Einsatz die Pandemie bekämpfen. Es sei „niemandem zu erklären, dass im Land der Impfstoffentwicklung zu wenig Impfstoff gekauft wurde“.
Lauterbach will Empfehlungen des Expertenrats abwarten
Mit Blick auf die hochansteckende Omikron-Variante des Coronavirus will Lauterbach nach eigenen Angaben Empfehlungen des neuen Expertenrats der Bundesregierung abwarten. Weitergehende Kontaktbeschränkungen noch vor Weihnachten schloss der Gesundheitsminister nicht aus: „Ich hoffe, dass das nicht nötig sein wird, ich kann aber nicht darüber spekulieren. Ich möchte einfach dem Expertenrat nicht vorgreifen.“
Der Expertenrat war am Dienstag erstmals zusammengekommen und will noch vor Weihnachten eine erste Stellungnahme zur Omikron-Variante vorlegen. „Das wissenschaftlich Abgesicherte wird eine viel größere Rolle für die Bundesregierung und für mich spielen als in der Vergangenheit“, führte Lauterbach aus. „Wenn die Empfehlungen so wären, dass man radikale Schritte empfiehlt, dann würden wir die auf jeden Fall in Erwägung ziehen.“
Der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), Klaus Cichutek, rechnete unterdessen damit, dass es noch „drei bis vier“ Monate bis zur Bereitstellung von speziell an die neue Variante angepassten Impfstoffen dauern wird. Die Hersteller der mRNA-Impfstoffe, Biontech und Moderna, hätten signalisiert, dass sie in der Lage wären, „innerhalb von sechs Wochen eine Stammanpassung umzusetzen und dann innerhalb von wenigen Wochen Millionen Dosen herstellen zu können“, sagte Cichutek der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ).
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