16.04.2022, Ukraine, Slowjansk: Eine Mutter umarmt ihre Tochter, während sie auf einen Bus warten, um aus der Stadt Slowjansk im Bezirk Donezk nach Riwne im Nordwesten der Ukraine zu fliehen. (dpa)
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Zum Weltflüchtlingstag hat die Nichtregierungsorganisation Amnesty International eine ungleiche Behandlung von Flüchtlingen in Deutschland kritisiert. Während die Bundesregierung bei den Ukraine-Flüchtlingen schnell und effektiv gehandelt habe, gebe es für andere Schutzsuchende wie Syrer und Afghanen noch immer verschiedene Rechtsinstrumente, sagte die stellvertretende Generalsekretärin der deutschen Amnesty-Sektion, Julia Duchrow, am Montag in Berlin. Am Vorgehen bei den Ukraine-Flüchtlingen werde man die Asylpolitik der noch verhältnismäßig neuen Bundesregierung messen, sagte Duchrow beim Berliner Flüchtlingsschutzsymposium. Dieses sei „best practice“ gewesen.

Zur Aufnahme von Ukraine-Flüchtlingen hatten die EU-Staaten erstmals eine Richtlinie in Kraft gesetzt, die eine schnelle und unbürokratische Aufnahme ermöglicht. In Deutschland wechseln die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine zudem schneller in den normalen
Sozialleistungsbezug und haben zügiger Zugang zum Arbeitsmarkt. Duchrow forderte die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes, das für andere Flüchtlinge nach wie vor gilt und geringere Leistungen und Integrationsangebote enthält. Auch bei der Wahl des
Aufnahmelandes könne sich die Bundesregierung für mehr Großzügigkeit einsetzen, sagte sie. Während sich die Menschen aus der Ukraine frei in Europa bewegen können, werden andere Flüchtlinge auf ein EU-Land festgelegt.

„Asylverfahren weder ‚fair‘ noch ‚zügig‘“

Die Beauftragte der Bundesregierung für Flüchtlinge, Reem Alabali-Radovan (SPD), forderte Veränderungen im europäischen und auch im deutschen Asylsystem. „In den vergangenen Jahren waren viele Asylverfahren weder ‚fair‘ noch ‚zügig‘“, sagte Alabali-Radovan und
verwies auf schleppende Entscheidungen bei Asylantragstellern aus Afghanistan. „Wir brauchen schnellere und pragmatischere Entscheidungen, ob jemandem nach dem EU-Recht internationaler Schutz zusteht“, sagte sie. Die Vizepräsidentin des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, Ursula Gräfin Praschma, wies Alabali-Radovans Vorwurf zurück. „Wir bemühen uns sehr, fair zu urteilen“, entgegnete sie bei der Veranstaltung.

Mehr Engagement forderten Organisationen insbesondere für Menschen in Afghanistan. Auch in der Regierung gab es dazu am Montag Selbstkritik. Die Bundesregierung habe es noch nicht geschafft, dem Koalitionsvertrag, in dem ein humanitäres Aufnahmeprogramm vereinbart wurde, in ausreichender Weise Rechnung zu tragen, sagte die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg (Grüne). Sie äußerte die Erwartung, dass das Programm spätestens bis Mitte August auf den Weg gebracht wird. Julia Duchrow von Amnesty International forderte, das Programm müsse transparent und effizient
sein sowie auch Familienangehörige von Menschen berücksichtigen, die
eine Aufnahmezusage von Deutschland erhalten.

Pro Asyl für Einzelfallprüfungen

Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl richtete zum Weltflüchtlingstag am 20. Juni den Blick auf die europäische Asylpolitik. Geschäftsführer Günter Burkhardt bekräftigte seine
Kritik an den diskutierten Zentren jenseits der EU-Grenzen, in denen die Asylperspektive geprüft werden könnte. Es müsse weiter sorgfältige Einzelfallprüfungen geben, sagte Burkhardt. Er forderte die Bundesregierung auf, solchen Zentren nicht zuzustimmen.

dpa