Der Chef des Palästinenserhilfswerks der Vereinten Nationen (UNRWA), Philippe Lazzarini, hat Israel eine gezielte Kampagne gegen die UN-Agentur vorgeworfen. Diese ziele darauf ab, „die UNRWA zu zerstören“, sagte Lazzarini in einem am Samstag veröffentlichten Interview mit der Schweizer Mediengruppe Tamedia.
„Es ist ein langfristiges, politisches Ziel, weil man glaubt, dass wenn das Hilfswerk abgeschafft wird, der Status des palästinensischen Flüchtlings ein für alle Mal geklärt sein wird - und damit auch das Rückkehrrecht“, sagte er.
Nach seinen Angaben forderten israelische Behörden UNRWA zum Beispiel auf, ein 1952 von Jordanien zugewiesenes Berufsbildungszentrum in Ostjerusalem zu räumen und eine „Nutzungsgebühr“ von 4,5 Millionen Dollar zu zahlen. Es liefen auch Bemühungen, UNRWA nach 75 Jahren aus den Büros in Ostjerusalem zu vertreiben. Zollbehörden hätten die Abfertigung von UNRWA-Material eingestellt, eine Bank habe ein UNRWA-Konto blockiert. Die Visa für internationale Mitarbeiter, die auch im Gazastreifen arbeiten, seien auf ein bis zwei Monate begrenzt worden.
16 Länder frieren Zahlungen an UNRWA ein
Lazzarini rief die UN-Generalversammlung auf, das Mandat des Flüchtlingshilfswerks zu bekräftigen und für die nötigen finanziellen Mitteln zu sorgen. 16 Länder hatten ihre Zahlungen an UNRWA in den vergangenen Wochen eingefroren.
Das UN-Hilfswerk kümmert sich um die Belange der als Flüchtlinge registrierten Palästinenser und ihrer Nachkommen, die im Zuge der Staatsgründung Israels 1948 und des darauffolgenden ersten arabisch-israelischen Krieges vertrieben wurden oder geflohen sind. Es hat das Mandat der Vereinten Nationen, den in ihrem Einsatzgebiet offiziell registrierten palästinensischen Flüchtlingen humanitäre Hilfe und Schutz zu gewähren, „bis eine gerechte und dauerhafte Lösung für ihre Situation gefunden ist“.
Israels Vernichtungskrieg in Gaza
Israel hatte nach dem 7. Oktober die Versorgung des Gazastreifens mit Wasser, Lebensmitteln, Treibstoff und Strom gestoppt und zugleich massive Luftangriffe gestartet. Anschließend drangen Bodentruppen in den dicht besiedelten Küstenstreifen ein. Humanitäre Hilfslieferungen werden seither von Israel behindert. Fast zwei Millionen Palästinenser wurden zudem gezwungen, in den Süden zu flüchten. Nun droht aber auch dort an der Grenze zu Ägypten ein Großangriff Israels.
Nach palästinensischen Angaben wurden in diesem Zeitraum mehr als 29.000 Menschen von der israelischen Armee getötet und Zehntausende verletzt. Die Zahl könnte weit höher sein, da noch viele Tote unter den Trümmern liegen und nicht geborgen werden können. Beim Großteil der Getöteten handelt es sich laut örtlichen Berichten um Frauen und Kinder.